Donnerstag, 10. Mai 2018

Du bist nicht Deine Angst




 
Angst verwandelt unsere Art und Weise die Welt zu sehen. Wenn wir übermäßig viel Angst haben sind unsere Gedanken meist nicht nur von unguten Erfahrungen und Erlebnissen geprägt, sondern auch von unguten Glaubensätzen, die sich aufgrund dieser Ereignisse herausgebildet haben und sich einprägen. 

Die Gedanken von Menschen, die Angst haben kreisen permanent um Gefahr. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich auf alles, was als Bestätigung für Gefahr gilt.  

Sie sind so sehr damit beschäftigt, dass alles, was ihren Befürchtungen widerspricht, übersehen wird. Mit anderen Worten: Das Fokusieren auf Gefahr ist ihnen zur Gewohnheit geworden. Der innere Angsthase sucht ständig und überall nach zur Erinnerung an erlebte Angst passenden Gefahren und Erfahrungen. Immer ist da die Sicht auf das Gefährliche im Leben. Überängstliche Menschen identifizieren sich mit ihrer Angst bis sie gefühlt ihre Angst sind. Was sie oft nicht wissen ist: Sie sind nicht ihre Angst, sie haben Angst. Und das ist ein gewaltiger Unterschied. Wenn wir Angst sind überflutet sie uns und wir sind ihr ausgeliefert. Wenn wir uns dessen bewusst sind, das wir Angst haben, können wir die Angst beobachten als ein Gefühl, das sich wie alle Gefühle verwandelt. Damit disidentifizieren wir uns von unserer Angst - wir und die Angst sind nicht mehr eins. Wir haben so einen Handlungsspielraum in dem wir wieder in die eigene Macht kommen, die die Angst uns nimmt.

Angst ist ein Gefühl, das wir alle kennen und haben.  

Ein gewisses Maß an Angst ist normal und auch hilfreich um uns vor Gefahren zu warnen und zu schützen. Der ängstliche Mensch aber ist beherrscht von diesem Gefühl. So sehr, dass er ständig mit ihm beschäftigt ist. Er denkt ständig an Angst und schließlich hat er Angst vor der Angst.

Jeder Gedanke an Angst aber verstärkt die Angst. Jeder ängstliche Gedanke führt der Angst Energie zu.  

So beginnt eine Art Konservierungsprozess im Gehirn, der zu immer mehr Angst führt. Betroffene geraten in eine Spirale der Angst. Die Chemie eines Menschen der von Ängsten geplagt ist, ist hypersensibel. Er befindet sich permanent in einem Zustand übermäßiger Wachsamkeit und sein System kommt niemals zur Ruhe. Darum ist es für Betroffene so wichtig zu erlernen die angsterzeugenden Katastrophengedanken einer Realitätsprüfung zu unterziehen.

Der ängstliche Mensch kann lernen die von ihm überschätzten Pseudogefahren zu relativieren

Er kann lernen das Unbehagen, das die Angst in ihm auslöst, in den Griff zu bekommen, indem er die Realtität überprüft, wieder und wieder. Jedes Mal wenn seine Angst die irrsinnigsten Konstruktionen macht, kann er innehalten und sich die Angst genauer anschauen. Schon damit gelangen wir auf Augenhöhe mit der Angst. Sie macht uns nicht mehr kleiner als wir sind.
Eine hilfreiche Übung um mit der Angst zu arbeiten ist folgende:
Wir setzen uns ruhig hin. Wir atmen ruhig durch die Nase ein und aus. 
Wir sagen uns innerlich:
Ich lasse die Angst zu und beobachte sie, ohne zu bewerten.
Jetzt können wir das Unbehagen und unsere Angst rein körperlich beobachten indem wir auf alle Körpersignale achten, die die Angst sendet. 
Wo sitzt sie? 
Wo macht sie sich bemerkbar? 
Wie fühlt sich das an? 
Aha, das sitzt sie. Aha, so fühlt sich das an!
Und dann atmen wir die "Angst" ein und atmen sie aus mit einem: 
Ja so ist das. Es ist okay.

Auf diese Weise bringen wir Klarheit in eine zuvor diffuse Empfindung. Wir nehmen sie ernst und wir lassen sie zu ohne Widerstand zu leisten.  

Ich mache das oft mit Klienten, ich mache das, wenn ich selbst Angst empfinde.Die Erfahrung zeigt: Indem wir körperlich und mental zur Ruhe kommen, können wir spüren wie das Unbehagen und die Angst sich auflösen.
Es ist den Versuch wert! 

Manchmal müssen wir aufhören unserer Angst zu glauben, dann erkennen wir, dass diese Angst alt ist. Wir erkennen, dass sie uns nicht schützen will, sondern dass sie uns blockiert. Sie ist der Schwellenhüter, der uns von uns selbst und dem Leben trennt.


 


Bei ernsthaften Angsterkrankungen braucht es natürlich therapeutische Begleitung und Interventionen.


 




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