Die wichtigste Beziehung ist die zu uns selbst.
Nur kommen wir meist nicht dazu, weil wir uns ständig im Außen bewegen, unter und mit anderen. Wir sind permanent in Beziehung, aber nicht in Beziehung mit uns selbst. Die meisten Menschen finden das normal. Sie brauchen es sogar. Sie brauchen immer den Kontakt mit anderen, sie füllen ihre Tage mit Terminen und Ablenkungen, nur um nicht allein sein zu müssen. Der Grund: Menschen finden durch das, was sie tun, mit denen sie es tun, Halt. Die Kehrseite der Medaille: Sie nicht bei sich selbst und lassen sich treiben. Ihre Aufmerksamkeit ist da und dort, aber bei sich selbst ist sie nicht oder kaum. Vielen Menschen fällt es schwer, sich selbst und die eigenen Gedanken zu ertragen. Das zeigt eine, wie ich finde, erschütternde Studie der University of Virginia. Bei einem Experiment beobachteten die Forscher, dass die Mehrzahl der Teilnehmer sich lieber einen leichten Elektroschock versetzen ließen, als fünfzehn Minuten mit sich allein zu sein.
Die Wenigsten halten es nicht mit sich selbst aus.
Aber es gibt Phasen im Leben da werden wir zum Alleinsein gezwungen. Oder wir wählen es selbst, weil wir merken: So wie es ist, geht es nicht mehr weiter.
Auch das selbstgewählte Alleinsein kann eine Herausforderung sein.
Viele wissen nicht wie und womit sie die Zeit füllen sollen, wenn sie allein sind. Sie wissen nicht, was ihnen Freude macht und was sie gerne tun. Sie haben keine Leidenschaft für nichts. Es fehlt der Drang etwas aus sich selbst heraus zu gestalten.
Sie haben gelernt zu funktionieren, für andere und sich selbst hinten an gestellt.
Viele wissen nicht einmal, welche tiefen Bedürfnisse sie haben. Manche wissen nicht einmal wer sie sind und was sie ausmacht, allein mit sich selbst. Sie kennen sich nicht wirklich. Oftmals sind sie auch nicht fähig gut für sich selbst gut zu sorgen. Manche haben schon ein Problem damit sich ein gesundes Essen zu kochen, geschweige denn, ein Essen allein zu genießen.
Alleinsein: Nein Danke.
Eine Weile allein sein geht gerade noch.
Wir kommen ein wenig zur Ruhe und entspannen. Dauert das Alleinsein länger, kommt die Phase, in der wir mit unseren dunklen Seiten in Kontakt kommen, mitsamt den ungeliebten Erinnerungen, den unerfüllten Sehnsüchten und belastenden Gefühlen wie Trauer, Wut, Schmerz. Und das Schlimmste: Wir müssen es aushalten.
Wir müssen uns all dem stellen, mitsamt unseren Ängsten.
Genau das ist der Weg zur Selbstfindung: Und uns selbst und unseren Ängsten stellen.
Das Aushalten des „Mit-sich-Allein-Seins" ist eine schwere und zugleich eine heilsame Zeit.
Halten wir es aus, spüren wir nach einer Weile, dass wir entschleunigen. Wir werden langsamer und im besten Falle achtsamer, dem gegenüber, was wir tun und uns selbst gegenüber. Auch unser Gehirn kommt zur Ruhe, sobald wir nicht mehr mit allem Möglichen im Außen beschäftigt sind und der Termindruck wegfällt . Es hat jetzt Kapazitäten frei. Wir lassen unsere Gedanken schweifen. Wir haben den Kopf frei für uns selbst.
Wir fangen an uns zu spüren.
Wir stellen Fragen: Wer bin ich? Was bin ich? Ist das was ich tue, wirklich das, was ich will? Bin ich bei mir oder lebe ich fremdbestimmt? Bin ich am richtigen Ort, mit den richtigen Menschen zusammen? Höre ich mein Innerstes?
Das ist die Phase aus der aus dem Aushalten ein Hinhören wird.
Wir beginnen die Dinge innerlich zu klären und erlangen Klarheit über
unser Leben, das Vergangene, das Gegenwärtige und das Leben, was wir zukünftig gestalten
wollen.
In einem gesunden Maße ist "Mit sich Allein- Sein" ein Akt der Selbstfürsorge.
Es ist heilsam uns immer wieder eine Weile in uns selbst zurückzuziehen und uns mit uns selbst zu beschäftigen und mit dem, was unsere Seele wirklich will.
Ein wunderbarer Artikel, vielen Dank! Ich bin immer mehr dabei mich mir selbst zuzuwenden. Die Aufmerksamkeit vom Außen zu mir zu lenken ist nicht immer leicht, aber so wertvoll. Ich lerne mich mehr und mehr kennen und lieben und war noch nie im Leben so klar und selbstbewusst. Danke!
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