Samstag, 14. Januar 2023

Aus der Praxis: Das Warum des Warum bringt uns nicht unbedingt weiter

 


 

Das Warum des Warum bringt uns nicht unbedingt weiter.

Jede Antwort auf das Warum ist eine Deutung, an die ich glauben kann oder nicht.

Die Tatsache, dass ich als Kind nicht geliebt wurde, ist von klärender Bedeutung, aber sie hilft mir nichts, um von der Lieblosigkeit zu genesen. Sie hilft mir nicht, meinen Schmerz kleiner zu machen. Sie hilft mir nicht, um zu genesen. Verstehen ist gut, aber bringt noch keine Genesung.

 

Wenn ich um das Warum weiß, dass ich nicht geliebt wurde, frage ich mich weiter: Warum wurde ich nicht geliebt?

Ich suche weiter nach Antworten, die ich nicht finden kann, weil die, die mich nicht liebten sie mir nicht geben können oder geben wollen. Wieder versuche ich zu deuten. Ich mache Konstruktionen. Die Fragen lassen mich nicht los. Ich stelle weiter Fragen. Ganz gleich wie lange ich das tue: Eine wirkliche Antwort werde ich nicht finden. Die Wahrheit werde ich nie erfahren.

Irgendwann lasse ich es gut sein. Ich lasse es gut sein, weil ich mir bewusst werde, dass ich sinnlose Energie und Kraft auf Vergebliches verschwende.

Ich wende mich dem zu, was ich fühle. Ich lasse zu, was ich fühle. Ich bedauere, dass ich nicht geliebt wurde und trauere darum. Das braucht Zeit und das bringt viel blockierten Schmerz nach Oben.

Das ist der Punkt an dem viele Menschen eine Therapie abbrechen. Es ist genau der Punkt an dem eine Veränderung sattfindet. Es fällt ihnen schwer das aufzugeben, was ihnen bisher bei allem Leid, paradoxerweise eine Art Sicherheit gegeben hat. Ja, das aufzugeben ist schwer. 

 

Dont push the river – it flows by itself,  sagt Fritz Pearls. 

Wenn ich aber weiter mache, wenn ich dem heilsamen Prozess Vertraue schenke und mir erlaube: Der Schmerz darf sein, endlich darf er da sein, wird er sich auflösen, wenn er lange genug sein darf. Ich warte geduldig bis er kleiner wird. Ich warte bis die Blockade sich auflösen will. Ich trete mir selbst mit Mitgefühl und Güte entgegen.

Und dann treffe ich eine Entscheidung: Ich bin bereit es zu akzeptieren, was ich nicht nicht ändern kann. Ich bin bereit, es zunächst einfach so hinzunehmen wie es ist, auch wenn es widersinnig erscheint und meinen gewohnten Gedanken widerspricht. Ich erkenne an, dass das, was ich mit meinem "Warum" fassen will, nicht zu fassen ist. 

Ich lasse los.

Ich lasse los, denn ich habe gelernt, wie hilfreich es ist, meinen Verstand mit seinen Geschichten, Interpretationen und Gedanken ebenso loszulassen wie die Unterdrückung, die Kompensation oder die Abspaltung meiner Gefühle. Stattdessen habe ich gelernt wie sinnvoll und heilsam es ist mich auf mein inneres Empfinden zu konzentrieren, ohne diesen Prozess voranzutreiben oder zu unterdrücken. Ich habe gelernt mich selbst anzuehmen und mir die Liebe zu geben, die ich einst nicht bekommen habe. 

Warum auch immer.

 

 

 

 

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