Gestern hatte ich eine Sitzung mit einer verzweifelten Klientin. Sie weinte viel. Es war schwer sie zu beruhigen.
„Da ist so viel Angst, da ist so viel Schwäche, ich halte das nicht mehr aus, ich habe Angst, dass es niemals aufhört. Das überfordert mich und macht mich so kraftlos. Ich habe Angst um meine Kinder, Angst um mich. Angst um uns alle. Und ich fühle mich so mutterseelenallein“, sagte sie.
Vielen von uns geht es wie meiner Klientin. Es ist eine schwere Zeit. Und wer von uns allein ist in dieser schweren Zeit hat es sehr schwer. Wenn da keiner ist, an dem wir uns festhalten können, der uns auffängt, wenn wir kippen, der uns tröstet und uns Mut zuspricht, wenn wir traurig oder verzweifelt sind, wenn wir alles aus eigener Kraft schaffen müssen, alleine durch- und aushalten müssen und uns jeden Tag aufs Neue dem Alltag stellen müssen im Gewahrsein: Du darfst nicht zusammenbrechen. Nicht krank werden. Du musst weiter machen, denn du hast nur dich. Und die, die dich brauchen, die zählen auf dich.
Ich weiß wie schwer es ist stabil zu bleiben, wenn sich das Außen wie eine Welle über uns erhebt und wir allein am Strand stehen und uns fürchten, dass sie über uns zusammenbrechen wird, noch bevor wir ihr ausweichen können.
Ich kann sehr gut nachfühlen, wie meine Klientin sich fühlt, wie manche von uns sich fühlen. Ich habe in meinem Leben einige schwere Krisen erlebt und überlebt. Allein. Es ist schwer stabil zu bleiben, besonders wenn man allein ist oder sich alleine fühlt.
Mir hilft es im Moment zu bleiben. Bewusst auf das zu achten, was gerade ist, was ich gerade mache oder zu tun habe. Im Jetzt sein. Präsent sein. Das Mögliche sehen und tun. Und kleine Schritte machen. Nicht zu weit nach Vorne denken. Auch zulassen, wenn es einmal gar nicht geht. Das ist okay. Und Weinen um den Druck abzulassen. Auch das ist okay.
Die Welt wandelt sich und wohin sie sich wandelt, wissen wir nicht.
Diese Unsicherheit macht Angst, wie so vieles andere in dieser schweren Zeit. Ja, ich habe auch Angst. Und ja, es ist okay Angst zu haben. Aber wir müssen achtsam sein, aufpassen, dass sie nicht lähmt und unser Denken verwirrt. Und wieder im Moment sein. Und atmen. Und Vertrauen in das Gute. Das habe ich noch immer. Denn das gibt es, das ist unzerstörbar.
Halten wir durch. Wir sind nicht allein. Wir sind niemals allein, denn wir sind miteinander verbunden. Alle. So wie Ihr mit mir und ich mit Euch, hier in diesem Feld.
„Es ist Schweres, das euch aufgetragen wurde", schrieb einst Rainer Maria Rilke.
Aber auch das Schwere wird irgendwann leichter. Denn: Alles, alles geht vorüber. Alles wandelt sich. Immer. Das ist Leben, das sind die Gesetze des Lebens.
Wir können den Wandel nicht beschleunigen. Es ist ein Prozess. Wir können nichts vom Unguten im Außen ändern, aber wir können jeden Moment entscheiden unsere Haltung zu ändern und damit ändern wir unser Inneres und das wirkt auch auf das Außen.
Wie wir die Dinge deuten, wie wir mit den Dingen umgehen, das liegt in unserer Hand. Wie wir die Möglichkeiten, die uns bleiben, trotz all dem unmöglich Gewordenen sehen, gestalten und nutzen, liegt in unserer Hand. Und was wir Beitragen zum Schweren um es für uns selbst und die, die wir lieben, leichter zu machen – auch das liegt in unserer Hand, solange wir gesund sind und leben.
Achten wir gut auf uns und unsere Nächsten. Das ist eine Aufgabe. Sie anzunehmen liegt in unserer Hand.
Wir schaffen das!
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