Malerei: Angelika Wende |
Warum ziehen manche Menschen immer wieder Narzissten in ihr Leben?
Narzissten ziehen regressiv-narzisstische Menschen magisch an. Und umgekehrt ziehen regressiv- narzisstische Menschen narzisstische Persönlichkeiten an.
Unbewusstes erkennt Unbewusstes blind.
Regressiv-narzisstische Menschen, auch Komplementärnarziss
genannt, fühlen sich tief im Inneren wertlos. Ebenso wie beim Narziss, ist sein
Seelenleben vom gleichen Unwertgefühl geprägt, wie beim Narziss, der dies aber durch
seine Grandiosität gekonnt überspielt.
Hier gleichen sich die Gefühle geboren aus kindlichen
Verletzungen.
Regressiv-narzisstische Menschen sind es von Kindheit an
gewohnt, entwertet zu werden. Sie haben lernen müssen, ihre eigenen Wünsche und
Bedürfnisse nicht so wichtig zu nehmen und sich auf die Bedürfnisse anderer
einzustellen. Sie neigen dazu um geliebt zu werden alles zu tun was in ihrer
Macht steht. Sie neigen dazu ihr Ideal-Selbst, also die Vorstellung davon, wie sie gerne sein
möchten, auf einen idealisierten Partner zu projizieren und sich derart mit ihm
zu identifizieren, dass sie zu einem eigenen Ideal-Selbst zu gelangen.
„Der Komplementärnarzisst ist im Grunde ebenfalls
narzisstisch strukturiert, jedoch mit umgekehrten Vorzeichen, denn wo der
Narzisst nur sich selbst bewundern lassen will, will der Komplementärnarzisst
sich ganz für einen anderen aufgeben. Da, wo der Narzisst sein Selbstgefühl
erhöhen will, will sein Partner auf ein eigenes Selbst verzichten, um das
Selbst eines anderen zu erhöhen, mit dem er sich identifiziert. Beide zeigen
eine gleich geartete Grundstörung, denn beide haben ein ungenügend geformtes,
in seiner Abgrenzung zu anderen gefährdetes und als minderwertig empfundenes
Selbst. Die Art der Abwehr gegen diesen Mangel ist unterschiedlich, denn
während der Narzisst versucht, sein schlechtes Selbst durch den Partner
aufzuwerten, versucht der Komplementärnarzisst hingegen ein idealisiertes
Selbst beim anderen zu entlehnen. Trifft ein Narzisst auf einen
Komplementärnarzissten, so verschwindet dieser im Anderen. Er ordnet sich unter
und übernimmt dessen Werte und Ideale. Einklang und Gemeinsamkeit werden ohne
jegliche Beziehungsarbeit und ohne wechselseitiges Entgegenkommen hergestellt,
d. h., dieses System basiert auf Macht und Unterwerfung. Der Narzisst
betrachtet einen solchen Partner als Erweiterung seiner selbst und nicht als
eigenständiges oder gar gleichberechtigtes Wesen, schafft klare hierarchische
Strukturen, in denen er seine Autonomie bewahren und sich bei Bedarf Abstand
und Distanz verschaffen kann, um nicht eingeengt zu werden.
Komplementärnarzissten empfinden die eigennützige Behandlung zunächst nicht als
eine Zurücksetzung, sondern empfinden eine große Genugtuung, ihnen zu Diensten
zu sein und ihnen dadurch Freude zu bereiten, wollen es dem Narzissten in jeder
Hinsicht recht zu machen und ärgern sich oder klagen sich selbst an, wenn es
ihnen nicht gelingt.“
(Stangl, 2019. Komplementärnarzissmus)
Regressiv-narzisstische Menschen machen sich unbewusst klein,
weil sie sich klein, unwichtig und unbedeutend fühlen und vor allem: Sie sind
davon überzeugt nicht liebenswert zu sein und sich Liebe „verdienen“ zu müssen.
Das selbstsicher erscheinende narzisstische Gegenüber, steht quasi im
Schlagschatten der eigenen Minderwertigkeitsgefühle und wertet so das als
unbedeutend und minderwertig empfundene Selbstbild auf. Zudem neigt der regressiv-narzisstische Mensch dazu sich
unterzuordnen und zu "dienen", was jedoch in Folge eine emotionale
Abhängigkeit produziert.
Menschen, die immer wieder narzisstische Persönlichkeiten anziehen haben in den meisten Fällen also selbst eine Persönlichkeitsstörung. Nur so kommt es zur Passung.
Der, der angeblich bedingungslos liebt, ist meist gar nicht
so bedingungslos am lieben, wie er das für sich beansprucht. Ebenso wie
der Narziss versucht er seine innere Leere zu füllen, und zwar indem er "geliebt
und gebraucht" wird vom anderen. Die tiefe Sehnsucht geliebt und gebraucht
zu werden führt dazu, dass er nahezu alles mit sich machen lässt sobald ein
passendes Liebesobjekt in sein Leben tritt. Sein unbewusstes Unliebespiel ist: „Schau
her, was ich für dich tue, du muss mich doch lieben.“
Weil das aber nicht gelingt, da der Narziss Liebe nicht
spüren, nicht schenken und nicht annehmen kann, sondern lieben lässt, wird
immer mehr getan. Je mehr der Komplementärnarziss tut, desto unterwürfiger wird
er. Das Gefühl für die eigene Würde und die gesunden Grenzen seines
Selbstschutzes lösen sich vollkommen auf. Sein ganzes Denken und Fühlen dreht
sich um den narzisstischen Partner. Er wird zu seiner Droge, die seine
Liebessehnsucht stillen soll.
Je mehr er sich abliebt, desto unterwürfiger er wird, desto
mehr Selbstwertgefühl geht verloren. Je mehr Selbstwertgefühl verloren geht,
desto abwertender wird der Narziss und umso frustrierter und seelisch demontierter
wird der Komplementärnarziss. Es kommt zur Kollusion.
Zur Kollusion (Konflikt) in solchen Beziehungen kommt es dann, wenn sich die unbewussten Muster und Erwartungen nicht mehr automatisch gegenseitig einlösen und es nicht mehr ertragbar ist, dass der eine zu selbstherrlich und verletzend ist und der andere ihm trotz aller Demütigungen dennoch weiter nachläuft und um Liebe bettelt, oder sich nur noch kritisierend und anklagend äußert.
Es kommt vom inneren zum äußeren Krieg.
Der Komplementärnarziss setzt nun alles daran den Narziss zu
ändern. Er beklagt sich, er fordert immer mehr ein, er fordert vom anderen
Veränderung, damit es ihm selbst besser geht. Er stellt sich ständig Fragen
wie: Was kann ich tun um ihm zu helfen und wie kann ich ihn heilen, damit er
mich endlich lieben kann. Es geht immer um das „geliebt werden“. Und zwar von
einem, der nicht lieben kann. Er arbeitet sich am Unveränderbaren ab.
Diese Einsicht aber hat der Komplementärnarziss nicht.
Aufgrund seiner Kindheitsverletzungen lebt er in einer Art Wiederholungszwang
des als Kind erlernten Unliebespiels: Ich muss andere um jeden Preis glücklich
machen, ich muss all ihre Bedürfnisse erfüllen um selbst geliebt zu werden.
Kein Wunder also, dass er im späteren Leben in Resonanz mit
Menschen tritt, die sich nicht glücklich machen lassen, weil sie dazu einfach nicht
fähig sind.
Ein Mensch mit dieser Kindheitswunde muss scheitern, seine Liebe
muss unbeantwortet und wirkungslos bleiben, er wird gegen die Lieblosigkeit
nicht ankommen. Er muss scheitern um zu begreifen was seine Aufgabe ist:
Nämlich sich seiner eigenen Bedürfnisse bewusst zu werde, sie sich zu erfüllen
und im besten Falle sich selbst lieben zu lernen.
Bis er allerdings zu dieser Erkenntnis gelangt wird er
leiden.
All seine Kämpfe um Liebe sind untaugliche Versuche, die in
Vergeblichkeit enden.
Der Komplementärnarziss fühlt sich immer ohnmächtiger,
kleiner und hilfloser, wertloser. Er verzweifelt an seinen eigenen Bemühungen. Irgendwann
fühlt er sich als Opfer des Narzissten, ohne auf den Gedanken zu kommen, dass
er sich selbst zum Opfer macht. Seine Wut auf die zurückgewiesenen
Liebesbezeugungen und Liebesdienste richtet sich dann auf den Narziss, der ihm
das alles antut. Er begreift nicht: Die Sucht gebraucht und geliebt zu werden
führt dazu, dass er nahezu alles mit sich machen lässt. Er ist ein emotional
Abhängiger.
Ein Mensch, der sich selbst mag, der sich seiner selbst
bewusst ist, der in sich selbst ruht, der keinen inneren Mangel verspürt, der
emotional nicht abhängig ist, wird sich das selbst nicht antun. Er sorgt gut
für sich und grenzt sich angemessen ab. Er erkennt seine Neurose und
arbeitet an sich selbst um seiner ungesunden Liebesfalle zu entkommen.
Er erkennt: It takes two für Tango.
Nicht der Narziss ist der "Böse"( er hat eine
Persönlichkeitsstörung, die er sich nicht ausgesucht hat), es gehören zu dieser
ungesunden Kollusion immer zwei. Das einzusehen bedarf natürlich eine Menge
Selbstreflexion und schonungslose Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Einfacher
ist es natürlich den Anderen anzuklagen und als Täter zu verteufeln. Nur führt
das keinen Schritt weiter. Das sogenannte Opfer des Narziss bleibt solange im
Teufelskreis der Blindheit dem eigenen Anteil gegenüber stecken, bis es sich
fragt: Was in mir lässt diesen Selbstmissbrauch zu?
Danke für diesen Beitrag.
AntwortenLöschenMein Krieg hat 13 Jahre lang gedauert. Zuerst innerer Krieg und dann ein kurzer schmerzvoller äußerer Blitzkrieg. Nun lebe ich äußerlich im Frieden und arbeite daran in meinem inneren Krieg zwischen den Fronten zu vermitteln und alle Seiten zu Wort kommen zu lassen. Es ist oft anstrengend und ich komme nur in Mini-Schritten voran, aber alles in allem habe ich schon Meilen-Schritte hinter mich gebracht. Mein Weg ist gepflaster mit Selbstliebe und Mitgefühl für mich selbst und es geht mir dadurch schon so viel besser. Ich bin noch nicht am Ziel, aber nun fühlt sich zumindest der Weg schon mal richtig an. Der lange Kriegspfad war einfach nur destruktiv, auch wenn ich lange nicht sagen konnte, warum.
Der Narzisst mit dem ich Krieg führte, war der Meinung, ich müsste den Frieden mit ihm aushandeln. Aber das wollte ich nicht. Und konnte ich nicht. Für mich ging nur der völlige Rückzug vom Schlachtfeld und Besinnung auf mich.
Oh Gott, was ist mit den Kindern, die in so einem Krieg aufwachsen? Ich kenne die Antwort aus eigener Erfahrung.. 😔
LöschenOh Gott, was ist mit den Kindern, die in so einem Krieg aufwachsen? Ich kenne die Antwort aus eigener Erfahrung.. 😔
Löschenja ich auch
LöschenNun habe ich gerade erst gesehen, dass jemand auf meinen Beitrag geantwortet hat.
LöschenIch bin extrem dankbar dafür, dass ich mit meinem Ex-Mann keine Kinder bekommen konnte. In der Situation damals war das für mich sehr belastend, weil ich unbedingt Kinder wollte. Im Nachhinein war *das* ein Segen. Noch heute wache ich manchmal morgens auf und bin einfach nur froh, dass ich so einen klaren Schlußstrich ziehen konnte und den Kontakt zu ihm völlig abbrechen konnte.
Ich stelle es mir unglaublich schwierig und kräfteraubend vor, wenn man der Kinder wegen noch Kontakt haben muss und dieser Kampf dann auch nach der Trennung noch weitergeht.
Namaste, liebe Susi.
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