Malerei: Angelika Wende |
Trauer und Traurigkeit sind zwar
unschöne, aber evolutionsbiologisch und emotional sinnvolle seelische
Reaktionen, dennoch gehören sie zu den grundlegenden Emotionen des Menschen. Trauer ist eine natürliche Reaktionen
auf einen Verlust. Wir trauern wenn ein geliebter Mensch
von uns geht, wir sind traurig, wenn eine Beziehung zerbricht, wenn wir von
anderen enttäuscht, verletzt, zurückgewiesen oder abgelehnt werden. Wir sind
traurig wenn ein Projekt scheitert oder wenn ein Traum zerbricht. Wir sind
traurig wenn wir unseren Job verlieren oder wenn wir aufgrund einer Krankheit
eine wichtige Fähigkeit verlieren.
Wir sind traurig, wenn wir eine
Illusion loslassen müssen.
Traurigkeit aufgrund solcher Erlebnisse
und Erfahrungen ist normal, sie ist ein Zeichen dafür, dass wir seelisch gesund
sind. Traurigkeit ist nichts was wir überspielen oder unterdrücken sollten,
denn sie ist ein wichtiger Teil des Verarbeitungsprozesses. Sie ist ein erster
Schritt auf dem Weg zur Akzeptanz dessen was ist und die Voraussetzung für
einen Neubeginn.
Trauer ist so individuell wie jeder
Mensch selbst. Trauer darf nicht bewertet werden. Trauer ist jedoch kein
passiver Zustand, der von alleine wieder vergeht. Trauer ist ein aktiver
Prozess der inneren Auseinandersetzung, dessen Ziel die Akzeptanz ist. Darum
sprechen wir auch von Trauerarbeit. Gelingt diese nicht wird der Mensch
verbittert. Verbitterung führt zu Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit,
Interessenverlust, Schlafstörungen,
innerer Lähmung und schneller Ermüdbarkeit. Ein vermindertes Selbstwertgefühl,
Gefühle von Schuld oder Wertlosigkeit, destruktive Gedanken und pessimistische
Zukunftsperspektiven beherrschen das Denken. Der Mensch isoliert sich und
wendet sich von der eigenen Lebendigkeit und somit vom Leben selbst ab. Er resigniert
und im Zweifel verzweifelt er. Dann bekommt die Trauer Krankheitswert. Sie
führt zu Depressionen, Angsterkrankungen. Im schlimmsten Falle kann
unbewältigte Trauer zum Suizid führen.
Aber um diese Trauer geht es mir heute
nicht.
Es geht mir um die Traurigkeit, die uns
alle hin und wieder überfällt, wenn wir etwas was uns wertvolle und wichtig ist
verlieren.
Was können wir in Zeiten der
Traurigkeit für uns tun?
1. Zunächst einmal ist es wichtig uns einzugestehen, dass wir
traurig sind. Es ist richtig und wichtig zu trauern und unsere Emotionen da
sein zu lassen. Unterdrücken wir sie kommen
irgendwann wieder hoch und der Verarbeitungsprozess verlängert sich.
2. Traurigkeit kann schnell zu Einsamkeit führen. Sich eine
Zeitlang zurückzuziehen ist heilsam, aber sich dauerhaft zu isolieren, auch
wenn uns danach ist, ist nicht hilfreich. Deshalb sollten wir uns mit den Menschen
austauschen mit denen wir uns gut fühlen und die uns das Gefühl geben, dass sie
es gut mit uns meinen.
3. Wer solche Menschen in seinem Leben nicht hat, muss wohl
oder übel selbst für sich sorgen und das bedeutet auch: aktiv werden. Das
braucht aber die Bereitschaft es auch zu tun. Was, wenn man so richtig traurig
ist zugegebenermaßen keine leichte Übung ist. Aber eben hilfreich und das sollten
wir uns bewusst machen. Das gelingt wenn wir uns immer wieder bewusst die Frage
stellen: Was ist jetzt hilfreich für mich, damit ich mich besser fühle?
4. Also wenn uns die Decke auf den Kopf fällt und die Wände der
Wohnung immer näher auf uns zu rücken, nichts wir raus an die frische Luft.
Jeden Tag wenigstens ein zwanzigminütiger Spaziergang kann Wunder wirken. Im
Wald, im Park oder in einem Stadtteil, den wir noch nicht kennen und bewusst
erforschen.
5. Sport machen ist immer gut. Wenn wir uns bewegen wird das
Glückshormon Serotonin ausgeschüttet.
6. Kunst.
Mich hat die Kunst immer über Trauerphasen getragen. Und
dabei ist es egal ob wir sie selbst machen, ins Museum gehen oder eine
Ausstellung besuchen. Auch Filme oder Biografien über Künstler, die ja meistens
alles andere als ein leichtes Leben hatten, können uns Kraft und neuen Mut schenken.
7. Natürlich Musik.
Egal in welcher Stimmung
wir sind, mit Musik können wir viel erreichen. Sie hat therapeutischen Wert.
Besonders heilsam ist Barockmusik.
Klassische Musik beruhigt das Herz und besänftigt die Seele.
Wissenschaftliche
Untersuchungen zeigen, dass die Kantaten Johann Sebastian Bachs Blutdruck und
Herzfrequenz in ähnlicher Weise senken wie Medikamente.
8. Schreiben.
Schreib es dir von der Seele!
Es hilft ungemein,
das weiß ich aus eigener Erfahrung und aus den Berichten meiner Klienten.
Schreiben hat eine erwiesenermaßen therapeutische Wirkung.
Schreiben ist nicht gleich schreiben. Für manche ist ein Tagebuch
die richtige Form, andere schreiben lieber Biografisches, wieder andere
Gedichte oder Briefe, die sie nicht abschicken. Schreiben heilt. Es hilft
Unausgesprochenes loszuwerden und Verdrängtes nach oben zu holen. In Krisen ist
ein Tagebuch unser bester Freund. Schreiben, nutzen wir es als tägliches Ritual
gibt uns Orientierung, Halt und das Gefühl, aktiv etwas tun zu können.
Wer regelmäßig schreibt ist sehr bei sich selbst. Er bekommt
ein Gefühl für sich selbst, das ihn auch in schweren Zeiten trägt.
"Das geschriebene Wort erweist sich als vorzügliches Medium
dafür, in der Formulierung Form für sich und das Leben zu finden. Die
Buchstaben, das Papier, das beschriftet wird, auch der Bildschirm, auf dem die
Buchstaben zu Wörtern werden, wird zum Spiegel, in den das Selbst blickt, und
das Spiegelbild wirkt zurück auf das Selbst. So der Philosoph Wilhelm Schmid in
seinen Buch "Mit sich selbst befreundet sein".
Er hat Recht.
Und
schließlich geht es genau darum – uns in unserer Trauer selbst beruhigen und
helfen zu können um eine neue Form für unser Leben nach dem Verlust zu finden.
In
jedem Falle ist es wichtig unserer Trauer Raum zu geben. Sie auszudrücken, denn
was sich nicht ausdrückt, drückt sich ein. Jede Form des Ausdrucks, den wir für
unsere Traurigkeit finden ist hilfreich. Trauer braucht Aufmerksamkeit, nur so
kann Heilung geschehen.
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