Donnerstag, 6. Juni 2019
Wollen, nicht sollen
Der subtile Versuch jemand anderer sein zu wollen, den viele von uns seit der Kindheit betreiben entsteht daraus, dass uns jemand sagte wie wir zu sein haben.
Sei eine gute Tochter, ein braver Sohn, ein fleißiges, folgsames Kind.
Niemand hat uns gesagt, dass wir genau so wie wir sind richtig sind. Aber viele haben uns gesagt, was wir tun müssen um so zu sein wie man uns haben will.
Man hat uns gesagt was unsere Pflichten sind, was wir zu leisten haben, wie wir zu funktionieren haben, damit wir dazugehören und ja nicht aus dem System fallen. Wer nicht reinpasst hat es schwer, hat man uns vorgelebt und wir haben es nachgelebt.
Wir sind davon überzeugt, dass es unsere Pflicht ist Situationen zu kontrollieren, nach Sicherheit um jeden Preis zu streben, uns an andere Menschen zu binden, für sie die Verantwortung zu übernehmen, uns zu kümmern damit es den anderen gut geht, unsere Gefühle zu unterdrücken, uns zu schämen, wenn wir nicht tun was sich gehört, uns schlecht zu fühlen, wenn wir uns nicht an die Regeln halten, uns selbst zu verurteilen, wenn wir Fehler machen, uns schuldig zu fühlen, wenn wir scheitern, uns zu schämen wenn wir versagen.
Inzwischen haben viele von uns begriffen, das sie so nicht mehr funktionieren müssen. Viele von uns wissen, dass wir genauso wie wir sind okay sind, aber die wenigsten von uns fühlen es. Tief drinnen sitzt beharrlich die Überzeugung so wie wir sind, nicht okay zu sein.
Es ist an der Zeit lautstark ja zu uns selbst zu sagen. Ungeachtet der jeweiligen Umstände oder Situationen in denen wir uns befinden, ungeachtet der Schwierigkeiten, die wir haben, ungeachtet der Probleme, mit denen wir uns herumschlagen.
Es ist an der Zeit aufzustehen, uns aufzurichten, in den Spiegel zu schauen und uneingeschränkt JA zu dem Menschen zu sagen, der lebt, so wie er lebt. Mit allen Gefühlen, mit allen Gedanken, mit dem Körper, den er hat haben und der darin wohnenden Seele.
Das JA zu uns selbst heißt, dass wir beginnen zuallererst für uns selbst Sorge zu tragen - für das kostbare, vergängliche Geschenk Leben.
Es heißt, dass wir beginnen uns uns selbst mitfühlend und interessiert zuzuwenden, uns mit uns selbst auseinanderzusetzen, uns zu suchen um dahin zu kommen wo unser wahres Selbst liegt - der Kern unseres ureigenen Wesens, den es gibt seit wir existieren, der da war, bevor wir manipuliert, verbogen und zurechtgestutzt wurden - und der immer noch da ist und von uns gefunden werden will.
Für uns selbst Sorge tragen hat nichts mit Egoismus zu tun - es ist gelebte Liebe zu uns selbst.
Wenn wir diese Liebe spüren, dann sind wir so wie WIR uns haben wollen.
Und es ist uns piepegal wie andere uns finden.
Es wird Zeit Frieden zu schließen mit uns selbst.
Es wird Zeit aufzuhören ein anderer sein zu wollen, als der, der wir sind.
Es wird Zeit für das eigene Wohl zu sorgen.
Für das eigene Wohl zu sorgen ist eine Entscheidung, die wir jeden Tag neu treffen können.
Selbstfürsorge ist die Basis um für andere sorgen zu können. Weil wir es wollen, nicht weil wir sollen.
Liebe Frau Wende,
AntwortenLöschendieser Beitrag kam für mich wieder einmal genau zur richtigen Zeit. Erst vor ein paar Wochen hatte ich dazu einen Aha-Moment. Ich war die letzten 2 Jahre in Therapie mit dem Ziel mich zu ändern. Also meinen Charakter zu ändern, damit ich besser durch's Leben gehe, bessere Beziehungen führe usw. Aber eines Tages überkam mich, dass ich genauso gut bin wie ich bin. Ich muss mein Wesen nicht verändern. Ich muss *mich* nicht therapieren. Ich darf aber in Therapie sein um mit meinen Lebensumständen besser zurecht zu kommen. Das war in dem Moment so eine riesige Erleichterung in mir. Ich habe mir selbst sehr viel Druck abgenommen.
Danke für Ihre tollen Beiträge.
Ich schreibe nicht oft einen Kommentar, bin aber ein regelmäßiger Leser und freue mich vor allem nach dem Wochenende darauf reinzuschauen, weil es da meistens neue Beiträge gibt von Ihnen.
Grüße, Lily.
Liebe Lily,
AntwortenLöschensie haben es erfasst!
Danke für Ihre Wertschätzung.
Namaste