Montag, 14. Dezember 2015
Ein übler Nachgeschmack
Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun hat einmal gesagt: "Es gibt schlicht und einfach schwierige, gestörte Menschen, die einem Team schwer zusetzen können. Es gibt den Armleuchter und den echten Schuft und denjenigen, der eine zerstörerische Kraft entfaltet."
Auch eine Beziehung zwischen zwei Menschen ist ein Team. In Beziehungen ist es schwer zu unterscheiden, ob nur einer der Partner eine zerstörerische Kraft entfaltet, oder ob das Zusammenwirken beider dazu führt. In der Regel ist das so. Der eine drückt unbewusst immer die empfindlichen Knöpfe des anderen. Die Kunst ist das zu erkennen und jeder für sich hat so die Chance sich zu entwicklen und seine empfindlichen Stellen zu bearbeiten. Das führt im besten Falle zum individullen Wachstum und zum Wachstum der Beziehung. Sobald aber ein Partner immer darauf besteht, dass ja immer zwei zu jedem Problem gehören, lenkt er von sich selbst und seinem Anteil ab. Er missbraucht das zum Allgemeingut der Beziehung gewordene WIR-Argument um sich nicht mit seinem eigenen Anteil auseinandersetzen zu müssen und um sich zu verteidigen. Damit blockiert er die Klärung seines Anteils und ist damit genau derjenige, an dem allein es liegt, dass es nach und nach zur Zerstörung der Beziehung kommt und letztlich zum Scheitern.
Es liegt nicht immer alles an beiden.
Reife, bewusste Menschen erkennen ihren eigenen Anteil und setzen sich damit auseinander. Sie erkennen auch, dass wenn eine Beziehung nicht mehr funktioniert, sie einen ebenso gewichtigen Anteil am Scheitern tragen wie der Partner. Reife Menschen sehen ein, dass eine Beziehung scheitern kann. Und wenn sie gescheitert ist, werden sie auf eine faire Weise, respektvoll und achtungsvoll mit dem Anderen umzugehen versuchen, wenn die Enttäuschung, der erste Schmerz und die erste Wut und alle anderen unguten Gefühle über das Scheitern befriedet sind.
Unreife Menschen bleiben in der narzisstischen Kränkung stecken.
Sie ertragen es nicht, dass man sie nicht mehr liebt, sie fühlen sich zurückgewiesen, sie tragen es dem Anderen nach, dass es schief ging, sie halten ihm demonstrativ ihre Verletztheit vor, sie tun alles um den Anderen zu zeigen wie mies es ihnen mit der Trennung geht, wie mies der Andere sie angeblich behandelt hat und sie behandeln den Anderen über das Ende der Beziehung hinaus mies.
Das ist bitter. Es ist bitter weil es so kein gutes Ende gibt, sondern ein übles. Und genau das bleibt dann am Ende – der üble Nachgeschmack. Er bleibt in der Erinnerung kleben und überdeckt damit auch all das Gute, was es in einer Beziehung gab und im Partner. Das ist ungut für Beide und es zieht eine Liebesbeziehung im Nachhinein in den Dreck. Es hinterlässt zwei Verwundete, die mit dieser neuen Wunde, die sich zu all den alten legt, in die nächste Beziehung gehen werden.
Wie kann er, sie so sein? Was habe ich die ganze Zeit nicht gesehen, was ist das wahre Gesicht, dessen, den ich einmal liebte? Habe ich mich so täuschen lassen, stimmt meine Wahrnehmung nicht, war das alles eine Illusion, ein Bild, das ich mir gemalt habe? Seine Freundlichkeit, seine Zugeneigtheit, sein Bemühen um mich, sein Kümmern, sein Helfen in schwierigen Situationen, seine Arme, in denen ich mich gehalten und sicher fühlte, sein: „Ich werde dich immer lieben“ - war das alles unecht, eine Projektion?
Diese Fragen bleiben bei dem, der am Ende der Beziehung mies behandelt wird. Er fühlt sich wie ein Objekt, das man ausspuckt, weil es Bedürfnisse nicht mehr erfüllt, weil es nicht mehr zu haben und nicht mehr verfügbar ist. All diese Fragen führen zu einem Vertrauensbruch der Liebe selbst gegenüber, oder besser dem, was Menschen für Liebe halten.
Liebe - was ist das?
Ich weiß es nicht. Aber ich weiß eins: Wahre aufrichtige Liebe ist frei von Bedürftigkeit, frei vom Bedürfnis den Anderen besitzen zu wollen, sie ist bedingungslos. Sie will nichts, sie empfängt, was man ihr freiwillig schenkt und schenkt ebenso freiwillig wieder, sie stellt keine Bedingungen.
Wenn aber am Ende einer Liebe nur noch das verletzte Ego herrscht, wenn die Kränkung des Scheiterns alles ist was bleibt, war es keine Liebe. Die Liebe zu einem Menschen bezieht sich nicht darauf, was er mir gibt oder nimmt, sie ist einfach und sie bleibt über das Ende einer Beziehung hinaus, auch wenn sie darüber trauert, dass sie verloren ist, wird sie niemals angetrieben von dem Gedanken – ich kann mit dem anderen nicht mehr. Sicher, sie kann dem anderen nicht mehr geben, was er erwartet und was er braucht, aber sie wird bleiben und das sehen, was am anderen über die erotische Verbindung hinaus liebenswert, kostbar und achtungswürdig ist und sie wird den anderen weiter mit Achtung und Wertschätzung behandeln. Wahre Liebe wandelt sich, sie wird zur Menschenliebe, dem Menschen gegenüber, der es einmal wert war mit ihm eine Zeit zusammen zu leben und diese Lebenszeit mit ihm zu teilen.
Wer das nicht kann, kann nicht lieben. Vor allem - er kann sich selbst nicht lieben und den anderen damit auch nicht als Menschen, der Menschenliebe verdient hat, auch wenn er nicht mehr zu uns gehört.
Super Beitrag, danke! Deckt sich mit meinen Erfahrungen und Einsichten. Ich denke es liegt insofern an beiden, dass Menschen einfach immer weitergehen, sich entwickeln, entfalten oder insofern weitergehen, dass sie Angst vor Veränderung haben und sich eben fürs stehenbleiben im Weiter(zusammen)leben entscheiden. Dass dann irgendwann einmal die Lebensentwürfe und Einstellungen nicht mehr zueinander passen liegt auf der Hand und dass derjenige der unbeweglich verharrt, aus Angst vor dem Lebendigsein sich an den Weitergehenden klammert, weil er/sie als einzig Vertrautes, wenn auch vergangen Vertrautes erscheint, hat auch eine gewisse Logik. Bezieht sich sowieso nicht nur auf Liebespaare, ich hatte sowas mit einer langjährigen Freundin...
AntwortenLöschenes ist nicht die angst vorm lebendigsein allein, es ist die angst vor beziehungslosigkeit, sagt die erfahrung, denn wir alle haben kaum gelernt in guter beziehung mit uns selbst zu leben.
AntwortenLöschenlieben gruß,
angelika