Wir alle kennen sie, diese destruktiven Selbstgespräche, in denen wir uns selbst sagen, wie blöd wir sind, wie dumm, wie egoistisch, wie unfähig, wie unbelehrbar usw. In unseren Köpfen hausen Gedanken über uns selbst die nur einen Sinn haben – uns klein zu machen.
"Du bist nicht liebenswert", "du bist nicht gut genug", "du bist wertlos", "du wirst niemals glücklich sein", "du bist ein Versager" ...
Das ist die Stelle wo ihr das hinzufügen könnt, was Ihr so den lieben langen Tag immer wieder zu Euch selbst sagt.
All diese destruktiven Sätze sind „Du Botschaften“, die aus unserem eigenen Inneren kommen, die unser Denken über uns selbst beherrschen und damit unsere Wirklichkeit beeinflussen. Sie schreiben den Text für das Drehbuch unseres Lebens und wir spulen über Jahrzehnte den gleichen Film ab, einen Film, in dem wir Regisseur und Darsteller in Personalunion sind. Eine Komödie ist das selten, eher eine Tragikkomödie, wenn nicht gar ein Drama, bei dem die Katharsis jeoch meist ausbleibt. Die Katharsis - nach Aristoteles die seelische Reinigung als Wirkung der antiken Tragödie, genau darum geht es im Grunde, wenn wir beginnen zu überdenken, was wir über uns denken.
Gedanken über uns selbst sind Überzeugungen über uns selbst, die uns irgendwann einmal beigebracht wurden zu einer Zeit als wir nicht fähig waren sie zu hinterfragen und sie geglaubt haben. Diese Überzeugungen verfestigen sich zu Glaubenssätzen und diesen Sätzen glauben wir meist ein Leben lang, jedenfalls solange bis wir uns fragen: Ist das wirklich wahr?
Die Tatsache, dass Gedanken unser Leben beeinflussen, ist nicht neu. Schon in der Bibel steht: „Dir geschieht nach deinem Glauben“. Der Satz: „Wir sind das Ergebnis unserer Gedanken“, ist von Marc Aurel und die Erkenntnis: „Alles, was wir sind, ist das Ergebnis dessen, was wir gedacht haben“, ist von Buddha. Obwohl zwischen diesen Worten über 2000 Jahre liegen, haben sie nichts von ihrer Wahrheit eingebüßt. Die Qualität und die Beschaffenheit dessen, was wir denken, führt uns in die gedachte Lebenslage. Genau hier liegt der Ansatzpunkt für die große Chance, uns selbst von der Macht unserer destruktiven Gedanken über uns selbst zu befreien.
Wie aber kommen wir den Glaubenssätzen, die wir über uns selbst haben auf die Spur?
Viele von uns sind sich gar nicht
bewusst, was da in ihrem Kopf herumspukt, denn diese Gedanken sind so
verinnerlicht, so vertraut, das wir sie gar nicht mehr als das wahrnehmen was
sie sind: Gift für unsere Existenz, Blockaden für unsere Entwicklung und
Verursacher unseres Leidens.
Wenn
ich sitze um zu meditieren, kommt bei mir zum Beispiel jedes Mal der
Gedanke hoch: „Das schaffst du sowieso nicht, du bist viel zu hippelig, du kannst
nicht still sitzen!“
Wer
sagt denn das? Meine Mutter sagt das, sprich - sie hat das zu mir gesagt, als
ich klein war und die Große glaubt das noch immer und macht sich das meditieren
schwer oder lässt es sogar bleiben, obwohl sie es möchte. Nein, dieser Gedanke ist nicht
hilfreich! Und es
ist nicht meiner. Es ist
ein Glaubenssatz aus meiner Kindheit, dem ich noch heute glaube und der noch
heute mein Handeln, in diesem Falle mein Nichthandeln, bestimmt. Ich bin ihm
aber endlich auf die Spur gekommen.
Den
Glaubenssätzen, die wir über uns selbst haben kommen wir auf die Spur, wenn wir
ganz bewusst unseren Selbstgesprächen und unseren inneren Monologen lauschen, wenn wir
aufmerksam auf das hören, womit wir uns selbst beschimpfen, beleidigen oder
runtermachen bis wir ziemlich klein gedacht sind.
Wir
hören sie dann, wenn wir uns sagen, was wir zu tun und zu lassen haben und
damit verhindern was wir eigentlich so gerne tun oder erleben möchten.
Glauben
wir diesen Glaubenssätzen versuchen wir automatisch sie zu bestätigen und, so
paradox das klingt – wir nehmen nur das wahr, was sie bestätigt. In meinem
Beispiel: Ich denke ich bin zu hippelig, also nehme ich nur noch wahr wie
hippelig ich da sitze, wenn ich sitze, und werde noch hippeliger. Ich denke:
Siehste, stimmt, du bist zu hippelig! Das Ende vom Lied – ich breche meine
Meditationsversuche regelmäßig frustriert ab. Dadurch
halte ich meinen Glaubenssatz nicht nur aufrecht, ich verstärke ihn sogar durch
mein Handeln, nämlich durch den Abbruch meiner Handlung. Nicht hilfreich. So
wird das nix.
Um
dieser sich selbst bestätigenden Falle zu entkommen müssen wir lernen
Erlebnisse, Erfahrungen und Gegenbeweise zu suchen oder zu schaffen (was noch schwerer ist als das Suchen, denn das fordert unsere Aktivität), die unsere destruktiven Glaubenssätze
NICHT bestätigen.
Ich könnte ich mir sagen: Schau, du kannst ruhig sitzen, gerade tust du es doch, du
sitzt hier auf dem Stuhl und schreibst. Das kannst du auch ohne zu schreiben –
ruhig sitzen. Und es dann machen und schauen was mit dem neuen Gedanken: „Ich
kann ruhig sitzen“ passiert.
Wir
durchbrechen unsere Glaubenssätze dann, wenn wir lernen unsere Gedanken
und Überzeugungen über uns selbst zu beobachten, anstatt durch ihren Filter die
Welt zu betrachten.
Wir müssen Distanz schaffen zwischen dem, was uns denkt und
uns selbst und zwar solange, bis es uns gelingt uns von dem, was wir denken zu
disidentifizieren. Solange das schädliche Gequatsche in unserem Kopf
unbeobachtet vor sich hin plappert, nicht beobachtet und nicht hinterfragt
wird, beherrscht es uns, unsere Beziehungen und unser Leben.
Viele
von uns wissen das. Und trotzdem funktioniert es nicht.
Warum
nicht?
Weil
dies eine Übung ist, die Achtsamkeit, Regelmäßigkeit, Geduld und Zeit von uns verlangt,
im Grunde ähnlich wie beim Erlernen der Meditation. Von nichts kommt nämlich
nichts, auch so ein Glaubenssatz, einer der der Überprüfung auf seine Wahrheit
(für mich), aber standhält.
Wie soll etwas funktionieren, wenn wir es nicht üben, wenn wir nicht
die Mühe aufwenden etwas immer wieder zu tun, weil wir erst einmal lernen müssen?
Es ist noch
kein Meister vom Himmel gefallen. Wir lernen durch Wiederholungen. Im Guten wie
im Unguten. Was wir wiederholen verfestigt sich, so wie sich die alten
Glaubensätze durch ihre ewige Wiederholung in Jahrzehnten verfestigt haben,
braucht es Zeit sie zu erkennen, sie zu hinterfragen und sie zu entmachten, indem
wir sie und durch neue hilfreichere ersetzen.
Jedes
Mal, wenn ein destruktiver Gedanke auftaucht macht es Sinn einen Augenblick
innezuhalten und uns zu fragen: Wie alt ist dieser Gedanke? Ist dieser Gedanke
wirklich wahr und das Entscheidende: Ist dieser Gedanke hilfreich?
Diese
Übung ist nicht so einfach wie es sich anhört und es braucht in der Tat Zeit
und Geduld bis wir sie beherrschen. Wer es versucht hat weiß das. Aber es ist sinnvoll zu trainieren, denn am Ende stellt sich bei den meisten Glaubenssätzen heraus,
dass wir nicht der oder das sind, was wir zu sein denken.
Ein
höchst befreiendes Gefühl und ein Weg von der inneren Fremdbestimmung in die
Selbstbestimmung.
So, ich gehe jetzt meditieren üben ...
Was für ein schöner Post! "Übung macht den Meister" in jeglicher Hinsicht. Ich habs immer mal mit "HU" summen (innerlich oder äußerlich) versucht. Eine alte schamanische Technik. Hilft wenn man sich unrund oder unkonzentriert fühlt oder einfach in die Mitte, noch mehr zu sich selbst kommen will. Es funktioniert :-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Elisabeth
;-)
AntwortenLöschenwas hilft hat recht.
lieben gruß,
angelika