Es
gibt kaum ein unerträglicheres Gefühl, als den Menschen, den man liebt,
leiden zu sehen und nichts, aber auch nichts tun zu können, um sein Leid
zu beenden. Angehörige von seelisch kranken Menschen sind immer mitbetroffen, dennoch wird ihre emotionale Not oft nicht gesehen. Eine Studie
belegt, dass Angehörige psychisch kranker oder suchtkranker Menschen, einer enormen Belastung ausgesetzt sind, die in etwa dem Stresspegel
wie er bei einem Staatsexamen vorkommt, entspricht - allerdings mit lebenslanger Perspektive.
Die Angehörigen
seelisch Kranker sind hinsichtlich psychischer und psychosomatischer Störungen
doppelt so hoch belastet wie die Durchschnittsbevölkerung. Sie fühlen sich mit der Situation total
überfordert und hilflos im Wissen, dass sie nichts tun können. Sie sind sich zwar bewusst, dass sie sich um
ihrer Selbstfürsorge Willen emotional distanzieren müssten, aber das sagt sich so leicht.
Gefangensein ist das
passende Wort für diese Lebenssituation. Ihr zu entkommen bedarf es in den meisten Fällen Hilfe
von Außen.
Es gibt drei wesentliche
Beziehungsmuster, bei denen Angehörige seelisch kranker Menschen ein Gefühl von
Gefangen-Sein und Vergeblichkeit erleben:
--> Hilfeleistungen der anderen, als überfordernd. Die Angehörigen fühlen sich immer wieder zurückgestoßen, sie erleben widersprüchliche Gefühle von Hilflosigkeit, Ohnmacht, Wut und Mitleid. Die Folge: Sie geraten in einen Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt.
2. Die Abwehr der Einsicht und der daraus resultierenden
Verantwortungsübernahme des Kranken sich professionelle Hiulfe zu suchen ruft mit der Zeit sogar Gefühle von Feindseligkeit hervor. Die als Vergeblichkeit erfahrene angebotenen Hilfe, die
rigide verweigert wird, nimmt diesen Menschen nach und nach die Kraft um gegen die trostlose und aussichtslose Stimmung
anzukämpfen. Die Angehörigen fallen in ein Gefühl von Sinnlosigkeit, das sich
auf das eigene Leben ausweiten kann.
3. Die geäußerte Verzweiflung
und Hilflosigkeit des Betroffenen wecken Mitgefühl und Anteilnahme. Angehörige können jedoch weil sie den Betroffenen nicht noch zusätzlich belasten wollen, eigene Gefühle wie
Wut, Ärger, Angst, Schuld, Scham oder Mitleid nicht zeigen, auch weil sie glauben,
dass die Situation sich sonst weiter verschlechtert. Das führt zu einem permanenten
Stresserleben. Sie empfinden nach und nach Kontrollverlust über ihrer eigenen
Gefühle, indem sie versuchen sich in den Betroffenen hineinzuversetzen und
beginnen schließlich mitzuleiden.
Nachdem alles ohne Erfolg versucht wurde um dem geliebten Menschen zu helfen wie
z.B: aufmuntern, Durchhalteparolen, Appelle an den Willen, usw. bleibt am Ende eine depressive
Gefühlslage, die es erschwert das eigene Leben zu führen. Kommt noch
Feindseligkeit des Betroffenen hinzu führt dies schlussendlich zu
Schuldgefühlen des Angehörigen.
Am Ende sind sie selbst seelisch krank.
Was ist hilfreich?
Loslassen, aber das sagt sich so einfach. Wer einmal in dieser Situation steckt, kann nicht einfach loslassen, auch nicht wenn er weiß: Du hast keine Macht über andere Menschen.
Am hilfreichsten ist es, sich selbst therapeutische Hilfe zu suchen und zusätzlich eine Selbsthilfegruppe zu besuchen um sich mit Mitbetroffenen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen.
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