Dienstag, 16. Dezember 2014
Mutter
Ich zünde mir die erste Zigarette des Tages an. Der Rauch schmeckt bitter. Ich blicke aus dem Fenster. In der Nacht hat es geregnet. Im Westen wird der Himmel bereits wieder hell, während über den Häusern noch graue Wolken hängen. So viele Jahre sind vergangen in denen ich in den grauen Wolken verhangen war. Bei jedem Gedanken an meine Kindheit haben sie das Licht verdunkelt. Meine Mutter ist mir im Gedächtnis feindselig wie eine Hexe. Aber wenn ich an ihr Leben denke, das sie so nicht hatte leben wollen, wird sie zu einer traurigen Fee mit zerfransten Kleidern, die mit leeren Augen ihren Zauberstab ansieht und sich fragt, warum er ihr nicht geholfen hat. Wer von uns lebt wirklich nach seiner Natur, nach dem wozu er fähig ist und nach seinen Anlagen? Kinder sind kleine Wunder. Im Moment ihrer Geburt wissen sie, dass sie eines sind. Es ist wie ein Funke, der verlöscht, wenn sie in den verschmutzten Ozean der fremden Gedanken eintauchen. Ich brauchte mehr als ein halbes Leben um diesen Funken aus dem Meer zu fischen.
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