Freitag, 28. März 2014
AUS DER PRAXIS - ASAP ! (as soon as possible) - so geht Veränderung nicht
Beginnen wir ein Coaching oder eine Therapie ist der Grund dafür, dass es Etwas in unserem Leben gibt, das wir es, so wie es ist, nicht mehr aushalten. Bei den meisten Menschen muss der Leidensdruck allerdings sehr hoch sein, bevor sie sich dafür entscheiden, sich Zeit für den wichtigsten Menschen in ihrem Leben, nämlich sich selbst zu nehmen, um ihm ein besseres Leben zu erschaffen.
Veränderung ist ein Prozess. Er erfordert Zeit und den Willen genau hinzuschauen. Er erfordert Mut uns selbst nichts mehr vorzumachen und die Kraft und die Klarheit, die Verantwortung für das eigene Leben in die Hand zu nehmen. Im Grunde geht es darum die eigene Wahrheit zu suchen und wenn man sie entdeckt hat, sie mit neuen Werkzeugen umzusetzen, um ihr gemäß zu leben.
Die Suche nach der eigenen Wahrheit ist eines der schwersten Unterfangen, die wir beginnen können. Sie zu finden ist alles andere als einfach. Wir sind zu voll mit Glaubensmustern, die wir längst für unsere Wahrheit halten, zu voll mit Überzeugungen und Gewohnheiten, die wir so tief und so lange verinnerlicht haben, dass sie uns als wahr erscheinen.
Der Prozess der Veränderung ist schwer und er fällt uns schwer. Ohne den festen Willen stetig bei der Sache zu bleiben, macht es keinen Sinn ihn überhaupt zu beginnen.
Ich erlebe oft, dass Menschen zu mir kommen und den Willen bekunden sich auf sich selbst einzulassen und ihr Leben zu ihrem eigenen Besten neu zu gestalten. Dann dauert es nicht allzu lange und der Wille wird zur Last und die Gestaltung zur Mühsal, denn sie merken, dass der Weg zu sich selbst Arbeit ist und zwar manchmal auch eine Unangenehme. Denn was sich mit der Zeit zeigt, ist eine Schieflage im eigenen Selbstbild. Das führt zu einer gefühlten Erschütterung desselben. Es erfordert menschliche Größe sich selbst einzugestehen, dass vieles, woran man glaubt und vieles von dem wie man agiert, selbstschädigend ist.
Das ist der Moment wo es sich entscheidet wie ernst es jemand mit sich selbst meint. Der Moment wo die Bequemlichkeiten alter Gewohnheiten und automatisierter Verhaltensweisen siegen oder verlieren. Viele brechen hier ab. Sie gehen dorthin zurück, wo sie standen als der Ruf der inneren Stimme oder die Unerträglichkeit des alten Zustandes, oder ein Weckruf von Außen so massiv waren, dass sie den Weg zu beschreiten bereit waren. Sie gegen zurück und verlieren und zwar wieder sich selbst.
Aber der Ruf wird wieder kommen und wenn er wieder kommt, wird er lauter und massiver sein als der erste und im Zweifel ein wenig schmerzhafter. Er kommt wieder, solange bis wir ihm folgen und dem inneren Schwellenhüter namens Selbstsabotage, mit einem mutigen: "Ich will und ich tue es, auch wenn es eine Zeitlang anstrengend wird", in sein fieses Gesicht schauen.
Veränderung geht nicht von heute auf morgen. Wie können wir glauben verändern zu können, was wir über Jahrzehnte genauso so machen wie wir es machen? Weil wir schnelle Ergebnisse wollen. ASAP! as soon as possible! lautet der Ruf des Zeitgeistes der Menschen antreibt und wegtreibt von sich selbst und dem inneren Frieden, den sie sich ersehnen. Ersehnen, aber nichts dafür tun wollen, denn das ist eben ASAP unmöglich, es braucht Zeit, Geduld und Durchhaltevermögen.
Nur wenn wir uns dafür entscheiden kann der Prozess beginnen. Er beginnt mit dem Aufdecken alter schädigender Muster und mit dem Bewusstmachen derselben. Dann folgt die Selbstbeobachtung: Wann und wie, in welcher Situation, in welchem Kontext, durch welche Auslöser zeigen sie sich? Der nächste Schritt ist das Finden und Erlernen neuer fördernder Handlungsweisen. Es folgt weiter die Selbstbeobachtung und das kontinuierliche Anwenden der neuen fördernden Handlungsmuster. Das Mittel heißt dann schlicht und gar nicht einfach: Üben, üben, üben. Das ist eine schwere Übung, ASAP geht das nicht.
Was an diesem Punkt in den meisten Fällen eintritt ist die Phase der Verunsicherung. Wir sind uns zwar jetzt der destruktiven Muster bewusst und werden uns ihrer im Laufe des Prozesses immer bewusster, aber wir haben die fördernden Handlungsmuster noch nicht verinnerlicht. Sie kämpfen in den zugemüllten Speichern mit den alten Mustern, um ans Licht zu kommen.
Das ist anstrengend. Das fühlt sich an als stehe man plötzlich in einem Niemandsland, in dem das Alte nicht mehr sein soll und das Neue noch nicht ist – sprich: Es ist noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Die alten Muster sind zwar identifiziert aber die Macht der Gewohnheit, die neuronalen Verknüpfungen, die altes Denken, Fühlen und Handeln als Programm gespeichert haben, sind damit nicht gelöscht. Wir versuchen zwar das alte Muster zu vermeiden, können es aber nicht automatisch, also nicht ohne bewusst zu reflektieren abschalten und daher die neuen Handlungsoptionen nicht ohne willentlichen Kraftaufwand abrufen.
Das bedeutet - im Moment wo es ums Handeln geht wissen wir nicht mehr was wir machen sollen – wir sind verunsichert und das macht uns Angst. Das ist der Punkt an dem bei vielen Menschen letztere siegen. Sie erkennen – es wird schwierig. Willkommen Schwellenhüter! Und sie denken: Schwierigkeiten gab es doch vorher schon genug. Dass es sich dabei um ganz andere Schwierigkeiten handelt wird dabei übersehen. Schwer ist schwer und das will ich doch eigentlich nicht mehr, darum bin ich doch in die Therapie gegangen. Welch ein Trugschluss, denn die Überwindung genau dieser Schwierigkeit ist notwendig um die alten, wirklichen Schwierigkeiten aufzulösen.
Üben, üben, üben und wieder üben. Das ist der Weg der uns dahin führt wo wir sein wollen. Ein langer Weg dessen Ziel wir selbst sind - und zwar der, der sich wohlfühlt in seiner Haut.
Innere Arbeit ist anstrengend aber sie macht Sinn. Wenn wir uns das jeden einzelnen Tag bewusst machen, verinnerlichen wir diesen Gedanken und handeln danach, auch wenn es Zeit braucht. Es ist anstrengend wenn wir im Alten gefangen sind und es braucht Geduld und Mitgefühl mit uns selbst uns daraus zu befreien. Es ist ein langer Weg mit Höhen und Tiefen, mit immer wieder neuen Versuchen und Rückfällen, aber auch mit erstaunlichen Erfolgen.
Es hilft also nicht aufzugeben, weil es mühsam ist oder uns dafür zu verurteilen, dass es nicht ASAP geht, dass es nicht so schnell klappt, wie wir es gern hätten. Wir dürfen uns nicht dafür verurteilen, dass uns trotz des neuen Wissens das Alte im Griff hat, denn uns selbst verurteilen und uns klein machen - das haben wir lange genug getan. Das ist eines der alten Muster, eines von vielen, die uns geschadet haben und uns schließlich dahin geführt haben, wo wir jetzt sind: Auf dem Weg uns ein guter Freund zu werden. Gute Freunde haben eine Engelsgeduld, sie geben uns Zeit, alle Zeit der Welt, wenn wir sie darum bitten.
Geben wir uns Zeit. Zeit hat die Qualität eines Heilers bei allen Qualitäten, die sie sonst hat und diese Qualität ist bei weitem ihre Kostbarste. Wir können sie nutzen, wenn wir uns ihrer bewusst sind. Es braucht Zeit um zu lernen den Rest unseres Lebens gut für uns zu sorgen, Zeit zum Umsetzen und Zeit es zu leben. Für die Zeit des Wandlungsprozesses ist es wichtig Mitgefühl mit uns selbst zu üben, um das zu lösen und zum Guten zu wenden, was nicht gut für uns ist.
Die alten Muster werden sich wehren, sie werden um ihr Überleben kämpfen, sie waren doch so lange die Nummer Eins in unserem Unterbewusstsein. Sie werden mit Macht versuchen uns wieder einzunorden um ihre Existenz zu erhalten. Bei der überwiegenden Zahl der Menschen gewinnen sie.
Bei jenen, die sich ihnen wissend, mutig und empathisch zuwenden, werden sie am Ende zu Freunden, die uns den Teil von sich schenken, der fördernd für uns ist.
ASAP geht das nicht.
Du machst mir ganz viel Mut mit deinen Zeilen danke das du so schön schreibst .lg galina
AntwortenLöschenDas freut mich sehr, liebe Galina!
LöschenVon Herzen,
Angelika