AUS DER PRAXIS - Vom Wünschen ans Universum und dem Geheimnis der Seele
Es gibt
Dinge, die verändern auf einen Schlag unser Leben. Solche Dinge sind mir oft
passiert. Es waren nicht immer gute Dinge, es waren sogar oft ziemlich ungute
Dinge. Eine ganze Zeit lang haben sie mich erschüttert in meinen Grundfesten
als Mensch. Jedes mal, wenn mir solche Dinge passiert sind, dachte ich, du bist
selbst schuld daran. Ich habe gejammert und geklagt. Vor allem habe ich mich
selbst angeklagt. Ich war mein Staatsanwalt und mein Richter. Einen Anwalt gab es nicht, es ging um Totalvernichtung. Das Ende vom Lied war - ich habe
mich verurteilt. Ich habe mir eine Strafe auferlegt, die darin bestand
abzubüßen, was ich mir als Schuld vorwarf. Mein Urteil hieß sogar einmal lebenslänglich. Lange Jahre saß ich hinter den Gittern meines
selbst errichteten Gefängnisses und beschränkte mein Leben um alles, was das
Leben ausmacht. Ich arbeitete um zu überleben, aber ich gönnte mir keine
Freude und keine Momente des Glücks, denn das hatte ich ja nicht
verdient.
In dieser Zeit habe ich mich auf Spurensuche begeben. Ich habe versucht
herauszufinden, warum ich so ein schlechter Mensch bin, dass mir immer wieder
schlechte Dinge widerfahren. Ich war nämlich der festen Überzeugung, all die
unguten Dinge passieren mir nur deshalb, weil ich nicht gut genug bin. Dass ich
nicht gut bin, hatte ich als Kind gelernt. Einer der Glaubenssätze meiner Kinderjahre
lautete: Wenn etwas schief läuft, dann, weil du es nicht besser verdient hast.
In dieser einsamen Zeit in meiner Zelle habe ich viele Bücher über die menschliche Psyche
gelesen. Von Sigmund Freud über Alfred Adler, von Viktor Frankl bis zu Carl
Gustav Jung. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, darüber wie kompliziert
wir Menschen doch sind. Nicht, das ich das nicht schon längst gewusst hätte,
aber all die klugen Bücher dieser weisen und lebenserfahren Männer, ihre
Versuche und Methoden um die Seele und ihre Tiefe zu erfassen, flößten mir
Ehrfurcht ein. Ich begriff, die Seele ist ein Mysterium, das sich unserem
menschlichen Begreifen niemals in ihrer Ganzheit erschließt. Sie ist zu komplex
und zutiefst geheimnisvoll. Aber gerade deshalb ist sie es, die mich
fasziniert, was mich antreibt sich ihr anzunähern, auch wenn ich weiß ich, werde
sie niemals fassen können, die meine nicht und die der Menschen nicht, die zu
mir kommen und die ich ein Stück auf dem ihrem Weg begleiten darf.
Neben
dieser wertvollen Literatur las ich auch Selbsthilfebücher, um auf
dem schnellen Weg herauszufinden was mit mir nicht in Ordnung war, dass mich
so viel Unglück hintereinander traf. Die Autoren dieser einschlägigen Literatur versprachen mir endlich meines Glückes Schmied zu werden. Die Kunst des Glücklichseins,
so lautete das Versprechen, liegt einzig und allein in der Macht meiner eigenen
Gedanken.
Ich griff zu all den Büchern, die mich aufforderten positiv zu
denken und weil ich dessen nicht fähig war, sonst wäre ich ja nicht einer
ihrer Käufer gewesen, versprachen sie mir, es mir beizubringen. Wer positiv
denkt, hat auch ein gutes Leben, so die Botschaft. Ich habe mich in
diese Bücher vergraben um mein positives Denken auszugraben, denn das musste ja
irgendwo in mir verborgen sein, wenn ich den Autoren Glauben schenkte. Ich bin der
alleinige Schöpfer meiner Welt, welch eine Offenbarung, aber psst - das ist das
Geheimnis des Lebens selbst, „The secret“. Ein Geheimnis also! Wie wunderbar es
zu lüften, dachte ich. The secret war dann auch das erste jener Bücher, das ich
verschlang wie eine lang ersehnte Wundermedizin für meine angeschlagene Seele.
Das Geheimnis, das sich mir offenbarte, war schlicht und einfach: Alle
Probleme, die du im Leben hast liegen nur an deinen negativen Gedanken, mit
deinen Gedanken ziehst du alles an wie ein Magnet, ob im Guten oder im
Schlechten. Hast du gute Gedanken geschieht dir Gutes, sind sie schlecht,
geschieht dir Schlechtes. Ich habe es doch gewusst, dachte ich, ich bin also
doch ein schlechter Mensch, denn das war die unterschwellige Botschaft, die bei
mir ankam, und sie klang genauso wie jene Botschaft aus meinen Kindertagen:
An allem bist du selbst schuld!
Der Weg zum guten, glücklichen Leben, versprachen diese Bücher, sei ganz
einfach. Ändere deine Denkweise, affimiere, sage dir hundertfach am Tag wie
schön das Leben ist, wie wunderbar und wie mächtig deine guten Gedanken sind
und es wird geschehen: dein Wunder.
Ich übte gute Gedanken zu denken, was nicht einfach war, denn die anderen,
nicht so guten, tauchten ungerufen immer wieder dazwischen auf und manche waren
so ungut zu mir, dass sie mich auslachten. Also noch nicht genug getan,
entschied ich. Diese Übung war wohl nicht ausreichend für mein Glück und ich
schickte meine Wünsche ans Universum. Wie mir im gleichnamigen Buch geraten wurde, wünschte ich, schickte den Wunsch ab und
wartete ich geduldig. Ich war zuversichtlich, wissend, es würde Gold regnen
wie im Märchen von der Goldmarie und der Pechmarie, war dies doch das
märchenhafte Versprechen.
Weil
ich mich aber nach einer langen Weile immer noch wie die Pechmarie fühlte und
die Erfahrung mich gelehrt hatte, dass Versprechen allzu oft nicht eingehalten
werden, begann ich daran zu zweifeln, dass aus mir irgendwann eine Goldmarie
werden könnte. Aber ich wusste ja jetzt, Zweifel sind höchst ungute Gedanken
und so verjagte ich sie tapfer und probierte es weiter, jeden einzelnen Tag,
das mit dem positiven Denken und dem Wünschen. So leicht gebe ich nicht auf.
Es hat nicht geklappt. Im Gegenteil, je öfter ich in diesen Büchern las,
desto mieser fühlte ich mich, trotz meiner positiven Gedankenübungen. Das
Gefühl, du bist verkehrt, du denkst falsch und weil du falsch denkst, ist alles
wie es ist - nämlich ungut, wuchs. Am Ende meines Übungsmarathons war ich der
festen Überzeugung, ich bin eine Komplettversagerin und doch an allem selbst schuld,
weil ich das mit dem positiven Denken absolut nicht schaffte. Es gab
Haftverlängerung, was bei lebenslänglich ein erstaunliches Wunder ist.
Irgendwann hatte ich die Nase voll. Gut, ich bin zwar ein schlechter Mensch,
dachte ich, aber kein Masochist. Und dann, nach einer Weile kam ganz
leise etwas zum Vorschein, was mich ein Leben lang immmer wieder gerettet und alles Ungute
hat überleben lassen: meine Zuversicht und mein Glaube daran, dass alles im Leben einen Sinn hat. Als das aus der hintesten Ecke meines
Gefängnisses hervorkroch, kam auch mein gesunder Menschenverstand wieder. Mir
wurde klar, ich kann einfach nicht alles in die Realität umsetzen, was ich mir
in den Kopf gesetzt habe, respektive, habe setzen lassen. Ich bin schließlich keine
Zauberin und schon gar nicht Gott, der in sieben Tagen eine Welt erschafft mit
allem drum und dran und lauter glücklichen Lebewesen, die voller positiver
Gedanken in Liebe, Frieden und Harmonie auf ihr umherwandeln und in
Dauerschleife „Hallelujah“ singen. Ich habe begriffen, dass, gerade weil ich nicht
allmächtig bin, Dinge geschehen, die ich mir nicht gedacht habe und schon gar
nicht ausgedacht habe. Also mal ehrlich, wer ist denn so blöd und denkt sich
für sich selbst schlimme Dinge aus? Keiner von uns tut das, der liebe Gott
übrigens auch nicht, mit dem „Hallelujah singen“ ist es seit dem
Sündenfall Evas auf Erden vorbei.
Die Dinge geschehen, die Guten und die
Unguten, ob man positiv denkt oder nicht, sie geschehen den Guten und den
„Schlechten“ unter uns und warum das so ist, weiß der Teufel - oder die
Seele? Beide sind unergründlich.
Als ich das begriffen hatte, wurde ich langsam wieder lebendig, dank meiner Verbündeten. Ich bewegte mich, Hand in Hand mit meiner Zuversicht und meinem Glauben an den Sinn der Dinge. Es dauerte bis wir stark genug waren um endlich den Schlüssel in die
Hand zu nehmen und die Gefängnistür von innen aufzuschließen. Aber schließlich haben
wir es getan und zwar nachdem ich mir all die Dinge vor Augen geführt hatte,
die ich überlebt hatte und die ich gelernt hatte, trotz und gerade in den schlechten Zeiten.
Ich sagte mir, wenn du wirklich eine Versagerin wärst, wie hast du dann all das
geschafft? Wie ist dir das gelungen? Nein, eben nicht mit positivem Denken und
frommen Wünschen ans Universum abgeben, das mit Sicherheit besseres zu tun hat,
als sich um alle frommen Wünsche der Menschheit zu kümmern, und schon gar nicht
mit geduldigem Abwarten und positiven Affirmationen. Mein Geheimnis ist ein
anderes: Ich habe am
Boden gelegen und ich bin wieder aufgestanden, auch wenn es manchmal lange gedauert hat. Und nach jeder
unguten Erfahrung, nach jedem Leid war ich mir selbst als bisschen näher,
ich war gewachsen und ich war stärker als vorher. Ich habe gelernt, dass das Leben kein
Wunschkonzert ist, kein Schlaraffenland und kein Paradies, und schon gar kein
Spaziergang durch ewig blühende Wälder, immergrüne Wiesen, ruhige Flüsse und
stille Meere. Ich habe begriffen, dass das größte Abenteuer in diesem Leben ich
selbst bin mit dem, was mich ausmacht, und dass dazu alles gehört, das Gute und
das Ungute, das Licht und der Schatten, und dass ich meine unschönen Lektionen brauchte, um ganz zu werden und einverstanden mit dem, was ist. Und
ich habe begriffen, dass meine Zuversicht und meine Fähigkeit den Dingen Sinn zu verleihen meine Methode ist, um dieses Leben zu bestehen und es nicht zu verdammen, wenn mir schienbar Ungutes widerfährt. Der Weg ist mein Ziel, der Weg selbst ist der Antrieb immer weiter zu gehen - für mich selbst, meinen Glauben, meine
Leidenschaft und meine Vision und für die, die ich liebe.
Hätte ich mich auf die Ratschläge der Positivdenker eingelassen, hätte ich mich
selbst verlassen, nämlich Dinge getan, die meinem Wesen in keiner Weise
entsprechen. Ich hätte in der Tat lebenslänglich. Wenn ich heute Sätze lese
oder höre, wie „du bist der alleinige Schöpfer deines Seins und wenn es dir nicht gelingt ein gutes
Leben zu leben, liegt das an dir und deinen negativen Gedanken, werde ich
nicht einmal mehr wütend. Ich lächle still und denke: Wem es hilft, fein!
Meine Methode um durch das Leben zu gehen ist das nicht. Sie kann es nicht
sein, dazu weiß ich zuviel von der Komplexität der Psyche, von den Auswirkungen
der Prägungen, die uns formen und ich weiß, wie schwer es ist, ihnen zu nicht
glauben, ich weiß, wie schwer es ist unsere Glaubensmuster zu
erkennen und zu unserem Besten zu wandeln und ich weiß, wie lang der Weg ist,
um auch nur annähernd unser wahres Selbst zu finden und unserem ureigenen Wesen
gemäß zu leben. Und wenn meine Kritiker nun anführen: auch das ist ein
Glaubensmuster. Gut, sollen sie, aber es ist mein Glaube und er ist gewachsen
aus vielen Erfahrungen, aus vielen Jahren
Lernen und wieder lernen – und er hat mir geholfen nach vielen Jahren Leid ein
gutes Leben zu leben.
Es
geht nicht darum Methoden anzuwenden, die andere erfunden haben, es geht darum
herauszufinden, was unsere Methode ist mit der wir das Leben meistern und
unserer Methode zu vertrauen und sie nicht zu verdammen, weil sie uns nicht nur
das Glück auf Erden beschert. Es geht darum zu begreifen, dass alles, was
geschieht Leben ist und dass wir nicht verkehrt sind, nur weil wir nicht
immer Glück haben und uns das Schöne und Gutes widerfährt, wenn wir uns das nur ganz doll wünschen. Es geht
einzig und allein darum, mit unseren Werkzeugen, die uns der Schöpfer geschenkt
hat, den Acker unseres Lebens zu bestellen und zwar auch dann, wenn es hagelt
und stürmt und aussieht als würde die Welt untergehen. Sie geht nicht unter,
sagt die Erfahrung, aber im Zweifel gehen wir unter, wenn wir anderen mehr
glauben als uns selbst.
das hat mich heute gerettet, an einem tag, an dem ich wieder mal mit meinem schicksal, mit gott und der welt und überhaupt allem gehadert habe.
AntwortenLöschendanke!
monika
<3
LöschenDa kann ich nur sagen, genauso ist es! Danke für diess Worte.
AntwortenLöschendanke für deine wertschätzung!
AntwortenLöschenGuten Abend, in so vielen Dingen erkenne ich mich wieder. Allerdings wird über eine Sache nicht geschrieben und ich weiß nicht, ob es eine andere Baustelle ist.
AntwortenLöschenSchon immer belastet mich das Leid anderer, besonders von Tieren. Sie sind uns so hilflos ausgeliefert und ich kann ihnen nicht helfen. Immer wenn ich mich mit dem Thema befasse, fühle ich körperliches Leid und es ist einfach schlimm. Ich kann nicht aktiv helfen, weil ich den Schmerz beim bearbeiten der Fälle nicht aushalte.
Gibt es Tabletten, die helfen innerlich stabiler zu werden?
Danke füreeine Reaktion und liebe Grüße