Montag, 29. April 2013
ein märchen
es war einmal ein schöner bunter vogel. er war sehr allein. die anderen vögel bewunderten ihn wegen seiner farbenpracht, aber weil er so viel schöner war als sie, wagten sie nicht in seine nähe zu kommen.
so saß der schöne bunte vogel tagein tagaus inmitten der blühenden bäume und sang, was seine stimme hergab, um sich das alleinsein erträglicher zu machen. es waren traurige lieder, voller sehnsucht und angst. die anderen vögel lauschten seinem schönen gesang und bewunderten ihn umso mehr. an manchen tagen, wenn die einsamkeit und die angst in ihm ganz groß wurden, so groß, dass sie ihm die kehle zuschnürten, so groß, dass kein laut aus seinem schnabel kam, spreizte er seine flügel und flog in die weite des blauen himmels. fort von den blühenden bäumen, fort von seinem ast und seinen bewunderern, deren nähe, die ihn im innersten doch nie erreichte, er nicht mehr ertragen konnte.
je weiter er flog, desto mehr fühlte er, wie er er selbst war. er musste den anderen nicht mehr gefallen, er musste keine lieder mehr singen damit er das gefühl hatte zu sein und die angst wurde kleiner. in diesen momenten fragte er sich, warum es keinen gab, der so war wie er, einer, der seine nähe suchte, anstatt ihn aus der ferne anzuschauen und ihm zu applaudieren, einer der ihn liebte, für das was er war. er sehnte sich nach einem, der sein herz berührte.
während er traurig diesen gedanken nachhing, flog er mitten in einen rosenbusch. er spürte den stechenden schmerz in seinem fleisch und sah den flügel, der sich in den dornen verfangen hatte. er versuchte sich zu befreien, aber es gelang ihm nicht. je mehr er flatterte, desto tiefer bohrten sich die dornen in seinen zarten körper. hilft mir den keiner, schrie er voller verzweiflung, muss ich hier elend zugrunde gehen? er schrie so laut er konnte, aber es blieb still um ihn herum. die nacht kam und verging und keiner kam um ihn zu retten.
mit dem ersten sonnenstrahl, der sich golden über sein prachtvolles gefieder ergoß, flog ein kleiner grauer spatz vorüber. er drehte eine runde, kehrte um und setzte sich behutsam neben den schönen bunten vogel auf den rosenbusch. er sah die not des vogels und das rote blut auf seinem flügel.
sag, sprach der spatz, bist du nicht der vogel, der drüben im wald so herrliche lieder singt? ich höre sie bis hierher und jedes mal, wenn ich sie höre wird mir ganz warm ums herz. ja, der bin ich, antwortete der schöne bunte vogel und weil der kleine spatz so mit seinem warmen herzen so nach bei ihm saß, schüttete er ihm sein herz aus. was soll ich anderes tun? ich bin so einsam, keiner spricht mit mir, alle bewundern mich, aber keiner besucht mich auf meinem ast. ach, seufzte er, es ist ganz in ordnung, dass ich nun sterben muss. meinen gesang und meinen schönen anblick werden sie vielleicht eine weile vermissen, aber mein herz, das kannte keiner von ihnen, und so werden sie mich doch schnell vergessen. weißt du, kleiner spatz, die erinnerung an dich bleibt nur wach, wenn dir einer in dein herz gesehen hat.
der spatz sah den schönen bunten vogel lange an. dann sprach er: glaubst du wirklich, die anderen hätten auf deinen ast fliegen müssen? bist du niemals auf den gedanken gekommen zu ihnen zu fliegen? ich bin mir sicher, einer von ihnen hätte in dein herz hineinschauen wollen.
der schöne bunte vogel dachte nach. dann antwortete er: ja, es ist möglich, aber ich hatte solche angst nicht den richtigen zu finden. sag, wie hätte ich erkennen können, wer der richtige ist? dann schloss er seine schönen augen, machte einen letzten atemzug und starb.
der spatz sah den schönen bunten vogel lange traurig an und dachte bei sich: du armer, der mut hätte dir den weg gezeigt, das leben hätte dir gezeigt, wer richtig ist und wer nicht.
fast zärtlich bedeckte er den schönen bunten vogel mit der prachtvollsten rose, die er zwischen den dornen finden konnte. dann flog er nach hause zu seiner frau und seinen kindern. die liebe, die er fühlte, war der wind unter seinen kleinen flügeln.
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