Dienstag, 23. Oktober 2012
nicht richtig sein ...
meine mutter wurde ungewollt schwanger. da war sie neunzehn. sie wollte mich nicht.
sie hat nicht aufgepasst. anstatt die verantwortung zu übernehmen, hat sie mich für ihren fehler schuldig gesprochen. sie hat die schuld an mich delegiert.
es ist schwer zu sich selbst zu finden, man selbst zu sein, wenn man nicht sein durfte, nicht da sein sollte, überhaupt nicht am leben sein sollte. verstehst du?
sie sah ihn an.
er schwieg.
du bist schuld! diesen stempel hat meine mutter mir von geburt an aufgedrückt, einfach, weil ich da war. wie konstituiert sich ein selbst, dass nicht sein darf?
aus dem gefühl nicht existieren zu dürfen entsteht ein selbstbild aus falsch sein, nicht richtig zu sein und ein sich darauf aufbauendes schuldgefühl, das leben der mutter zerstört zu haben. du versuchst alles um deiner mutter zu beweisen, dass du eine existenzberechtigung hast. und wie geht das besser, als wenn du dich um die mutter sorgst. wenn sie das aber nicht zulässt - was dann?
dann fällst du in eine bodenlose einsamkeit. du ziehst dich zurück, verkriechst dich in dein zimmer, damit sie dich nicht sieht, du machst dich unsichtbar und du hast ständig angst gesehen zu werden.
sie weinte.
er schwieg.
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