Freitag, 27. Juli 2012

IZMIR EGAL


das pflaster brannte heiß unter den dünnen sohlen meiner schuhe. ich wollte so schnell wie möglich raus aus der bruthitze ins kühle atelier meines freundes, als sie mich stoppte.

hi süsse, lange nicht gesehen. 

süß bin ich nicht und dich nicht gesehen zu haben macht nix und, wie bissig ich doch manchmal denken konnte, dachte ich und sagte: hallo. 

gehst du auch shoppen, ein hübsches sommerschnäppchen machen?, fötete ein pinkfarbener mund aus einem fettglänzenden sonnenverbrannten gesicht. ich schüttelte den kopf, nein, ich bin auf dem weg zu einem freund. 

ach fein, malte der mund die worte, die, ich ahnte es, nur als kurze einleitung zu einem langen monolog fungierten. du, ich sag dir, der alfi und ich sind gerade gestern aus einem superschönen traumurlaub zurückgekommen. wir waren in dem superschicken robinson club in... 

wo sie gewesen war, hörte ich nicht mehr, weil ich meine ohren just in diesem moment auf durchzug stellte. ich weiß, nicht nett, aber ich bin nicht immer nett. das immer nett sein, habe ich mir mit zunehmenden alter abgewöhnt. ich hoffte still auf ein schnelles ende der ich-erzählung ohne sittlichen oder sonstigen nährwert. 

ne, das würde jetzt dauern. die hitze unter meinen sohlen glühte und mich dauerte, dass ich trotz meines fortschreitenden alters nicht die fähigkeit besaß, jemanden in unterbrechung seines redeflusses zu fragen: kennst du den izmir egal?  

das kann mein sohn richtig gut. wenn ihn etwas nicht die bohne interessiert, sagt er das dem, dessen gerede ihn nicht interessiert und der das so gar nicht merkt, das das nicht interessiert. derjenige stutzt dann, bittet um die übersetzung und ist prompt wortlos. izmir egal heißt zu deutsch: das ist mir egal.

oh, wie egal mir der superschicke robinson club in ... gerade war. aber ich hielt durch, unfähig meines sohnes, zugegebenermaßen doch recht groben beispiel, folgen zu können. hingegen überlegte ich, was als elegante variation der fluchthilfe dienen konnte. ich dachte also nach und irgendwann dachte ich über etwas ganz anderes nach, nämlich über die hitze, die mir allmählich die sohlen qualmen ließ und das herumstehen vergällte. ich wollte nur noch weg. hilfe, ich will hier raus! aber wie?

da tippte mich ein spitzer, pink gelackter fingernagel an die schulter, ach süsse, der absolute wahnsinn war das, sage ich dir, so chillig. du musst auch mal wieder raus. du musst öfter reisen. sie holte tief luft um mit dem urlauballinclusivesermon fortzufahren. 

ich nutzte ich den atemzug, oh, ich reise jeden tag - zurück, im jetzt und ins morgen.

stille. einem moment lang, stille. sichtbare denkstille. 

hm, also, das ist mir jetzt zu hoch, süsse. na dann ich geh mal was hübsches shoppen, tschüssi ...

und dann brach es aus mir heraus, allerdings sehr leise: kennst du den iszmiregal?