Freitag, 28. Oktober 2011

draufschlagen

du spast, du schwule sau. er schlug ihm ins gesicht. ein mal, zwei mal, drei mal, zählte nicht mehr, schlug zu, mitten ins gesicht. die knöchel seiner hände schmerzten. das gesicht schrie: hör auf! immer wieder: bitte, hör auf! er fühlte nichts, nur diese leere, wo man was hätte fühlen sollen.

der therapeut hatte ihm das gesagt. man soll was fühlen und ihn verständnislos angeglotzt, als er geantwortet hatte, er wisse nicht was das ist, fühlen, er könne sich das fühlen nicht mal denken. der therapeut hatte versucht ihn zu provozieren, hatte ihm von der mutter erzählt, die gesoffen hatte, den ganzen tag auf dem sofa gelegen hatte wie eine ausgeleierte stoffpuppe, nur dass sie gestunken hatte wie ein stoffpuppe nicht stank. der therapeut hatte versucht ihn mit worten zum fühlen zu bringen, die er erinnerung nannte.

der therapeut langweilte ihn. alles langweilte ihn. irgendwann war er nicht mehr in die therapiestunde gegangen. wenn er in seinem zimmer auf dem bett lag und die fünfzehn quadratmeter von wand zu wand mit den augen abmaß, sich den arsch abfror, weil die heizung nicht funktionierte, hatte er es versucht mit dem fühlen. er hatte sich an fühlworten entlang gehangelt wie liebe oder hass, das sind doch fühlworte, gedacht, aber nichts gefühlt.

meistens schlief er dabei ein. am morgen fuhr er die drei stationen mit der u-bahn in den supermarkt. acht stunden kisten auspacken, altes aus regalen räumen, neues einräumen. immer schön auf die haltbarkeitsdaten achten, hatte der marktleiter gesagt. von was, hatte er gedacht und dass das mit der haltbarkeit von lebensmitteln genauso eine verlogene sache war wie das mit der haltbarkeit der versprechen von menschen, die ihm gesagt hatten, dass sie zu ihm halten würden. irgendwann waren sie weg. er hielt sich an sich selbst.

acht stunden schlepperei, dazwischen eine stunde mittagspause mit zigarette, cola und sandwich auf der mauer im hinterhof des supermarktes. rauchen, kauen und runtergeschlucktes, das den bauch voll machte. wieder ein und ausräumen bis es abend war und ihm die arme und der rücken weh taten, ins zimmer und ins bett. ab und zu ins kino einen actionfilm reinziehen oder in die kneipe um die ecke ein bier trinken. die tage glichen sich wie die zigarretten in der schachtel, die er täglich leer rauchte.

und jetzt war da dieses arschloch, dass ihn angemacht hatte, als er dem mädchen mit dem gesicht, das wie ein herz aussah, den drink spendiert hatte, weil ihm das herzgesicht gefallen hatte. das arschloch hatte sich vor ihm aufgebaut, sie sei seine braut und er solle seine dreckigen finger von ihr lassen.

scheisse, hatte er gedacht und dass niemand niemandes seine war und dann hatte er angefangen draufzuschlagen. der schmerz tat gut. der schmerz in seinen knöcheln und der schmerz des anderen. er hatte schon lange kein so gutes gefühl mehr gehabt. es fühlte sich gut an, so gut, dass er niemals mehr damit aufhören wollte.