Samstag, 16. Februar 2019

Scheitern am Gescheiterten



Zeichnung: Angelika Wende

Scheitern tut weh. Egal womit oder woran wir scheitern. Aber so unschön es ist: Scheitern gehört zum Leben. Wer das verinnerlicht hat, scheitert sicher nicht leichter, aber er akzeptiert, das es so ist und immer wieder so sein kann. Er zieht eine Lehre aus dem Scheitern, er atmet durch, verarbeitet was war, sammelt Kraft, steht auf und sucht neue Wege.

Für manche Menschen aber sind Misserfolge eine echte existentielle Bedrohung.
Sie sehen sie als persönlichen Angriff. Sie glauben, das Leben meint es nicht gut mit ihnen. Sie fühlen sich als Opfer der Umstände. Sie lernen nichts aus dem Scheitern und machen immer wieder die gleichen Fehler. Sie sind verbittert und wollen gar nichts Neues mehr ausprobieren, weil ihnen ein Scheitern unvermeidlich erscheint. Sie halten an unguten der gar selbstschädigenden Gewohnheiten fest. Gewohnheiten haben jedoch die Eigenschaft sich durch wiederholtes Handeln zu manifestieren. Im Guten wie im Unguten.

Je mehr sich ungute, selbstzerstörerische Gewohnheiten manifestieren, desto weiter geht die Spirale des Scheiterns nach unten.
Der Mensch gibt schließlich auf, sich selbst und jeden inneren Antrieb. Er sitzt fest in einer Lähmung, die jede Bewegung zur übergroßen Anstrengung macht. Das Leben stagniert. Die Motivation und die Willenskraft schwinden. Die Angst den Boden unter den Füßen zu verlieren besiegt jede Zuversicht auf einen neuen Versuch das Leben zu bewältigen und verschluckt den Mut.
Diese Haltung führt unweigerlich ins große Scheitern, wo am Ende nur noch die Resignation steht. Der Mensch gibt auf. Er ist an einem Punkt, an dem weder nach Hilfe gefragt wird, noch Hilfe angenommen wird. Wir erreichen diesen Menschen nicht mehr.
Schrecklich, das zu erfahren. Schrecklich die Ohnmacht die wir dann empfinden, besonders wenn wir einen Menschen lieben.
Schrecklich nichts tun zu können.
Ein Punkt an dem wir scheitern.

Wir stecken fest in der Hilflosigkeit des Helfers.
Was können wir tun?
Wichtig ist, mit dem umgehen zu lernen was ist.

Es geht um Akzeptanz, es geht um das Loszulassen von dem, was sich nicht fassen lässt, was unveränderbar ist und nicht in unserem Einflussbereich liegt.

Wichtig ist sich jetzt um das zu kümmern, was möglich ist: Um uns selbst.
Dazu gehört die Trauer und den Schmerz zuzulassen und zu akzeptieren, das wir nichts mehr tun können. Das ist schon eine Riesenleistung, die Kaft kostet. Eine Leistung, die unseren Alltag erschwert, denn die Gedanken an den Verlust, die Trauer um den geliebten Menschen, das Gefühl des eigenen Scheiterns, die Fragen nach dem Warum, die scheinbare Sinnlosigkeit des Leids, das doch nicht sein müsste, all das zehrt an unserer Energie. Dennoch und gerade deshalb: Wir müssen uns umorientieren, das heißt den Focus, der so lange auf dem anderen lag, auf uns selbst richten, auf unsere Genesung. Sie braucht Zeit. Und sie geht nur in ganz kleinen Schritten, in winzigen Schritten. Tag für Tag, Augenblick für Augenblick müssen wie ein Ziel oder ein gewünschtes Gefühl festlegen. Diese kleinen Schrittchen helfen uns dabei wieder neue Kraft zu sammeln. Sind wir mit der Zeit genug kleine Schrittchen gegangen, haben sich gute Momente angesammelt, werden wir erste Veränderungen in unserem Leben bemerken. Es kommt etwas in Bewegung zum Besseren hin. Unser Selbstvertrauen und unser Selbstbewusstsein wachsen. Wir gewinnen Mut uns der Angst zu stellen und Widerstände zu überwinden. Wir werden resilienter. Eine wertvolle Erfahrung im Scheitern. So traurig das auch ist.

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