Dienstag, 28. August 2012

Das Eigene



die eigene wahrheit entwickeln und ihr vertrauen
allgemeingültigkeit gibt es nicht

klarheit erwächst aus erfahrung und reflexion
intuition steht über dem verstand

die eigene wahrheit entwickeln
und nicht von anderen defragmentieren lassen 

wissen 
ich muss nicht von jedem von dem ich es erwarte wichtig genommen sein.

Dienstag, 21. August 2012

Weinen?




was sind das für menschen, die ihre kinder schlagen
mit worten
mit händen?

was sind das für menschen, die ihre kinder misshandeln
mit worten 
mit taten?

was sind das für menschen, die grenzen überschreiten, kinderseelen verletzen und seelenmord begehen?

das sind menschen, die misshandelte, verletzte, seelengemordete kinder waren. 

worüber soll ich jetzt weinen?

Sonntag, 19. August 2012

lösen




der erste mann im leben der frau ist der vater.
alle anderen gleichen ihm in irgendeiner weise,
bis sie sich vom vaterbild gelöst hat. 

es kann dauern.

die erste frau im leben des mannes ist die mutter.
alle anderen gleichen ihr in irgendeiner weise,
bis er sich vom mutterbild gelöst hat.

es kann dauern.

inversio

  inversio - die umkehrung

Samstag, 18. August 2012

wirklich ...



dem menschen erscheint wirklich, womit er tag für tag umgeht, worauf er nach aussen wirkt und was in sein inneres einwirkt. 

das nennt er wirklichkeit.

viel wirklicher ist die welt der gefühle.
diese welt ist es, die ihn wirklich macht.
es ist die innere welt, die äussere wirklichkeit schafft.

Freitag, 17. August 2012

Rekonstruktion und Integration



darauf zugegangen
wieder und wieder
im unbewusstsein des unterbewussten
damit auseinandergesetzt ohne zu wissen

gefühltes das bilder malt

verwundert darüber was fehlt

unbewusster versuch der rekonstruktion des verdrängten
so fremd

abgespalten
weil gespalten
versuche bruchstücke eines ganzen zusammenzufügen
ohne um die einzelteile zu wissen

lange

plötzlich
das begreifen was fehlt um ganz zu sein

jetzt
integrieren ins bewusstsein

lange 

um ganz zu werden





Mittwoch, 15. August 2012

In Klausur, 6




festhalten an groll macht bitter und lähmt das kreative denken.
wer am groll festhält sitzt im selbstgezimmerten käfig. 
er verhärtet. 
sein leben wird unfruchtbar. 

das festhalten an groll ist eine selbstbestrafung.
das verharren darin führt in die isolation.

sich versöhnen mit dem, dem wir grollen, sei es ein mensch oder ein erlebnis, braucht zeit. den groll zu schnell wegpacken ist verdrängung.

das gefühl von groll bedarf eines langen abschieds.
wenn dieser gelingt können wir ihn anschauen und ihn loslassen mit einem: es ist, was es war. 

Dienstag, 14. August 2012

WEGGEDRÜCKT



das selbst ist das größte rätsel, schrieb der maler max beckmann.

das selbst begreifen ist eine herausforderung, eine lebenslange. beckmann wusste das und er stellte sich dieser herausforderung. beckmann hat gelitten an sich selbst, an der welt. er hat sein leid akzeptiert und es in kunst gewandelt. beckmann hat, wie viele künstler akzeptiert, dass leid immer zwei aspekte hat - den dunklen und den hellen und dass es zu uns gehört, zu uns als mensch.

alles im leben hat immer zwei seiten, alles im leben ist polar. das ist eine sicht-und fühlbare wahrheit. es ist eine wahrheit der metaebene, erst dann mögen die konstruktionen der eigenen wirklichkeit beginnen. es gibt diese verbindliche realität, wir leben in ihr.

und in dieser realität gibt es das dunkle und das helle, in uns und im aussen.
es bedarf harter arbeit an uns selbst, hell und dunkel gelten zu lassen, in uns und in der welt da draussen.

wer gibt uns das recht zu glauben, ein leben wäre ohne dunkel, ohne leid möglich? woher kommt die arroganz des modernen menschen zu glauben, er habe ein recht unverletzt durch dieses leben zu gehen oder seines glückes schmied zu sein? 

wir sind menschen und deshalb können wir dem leid nicht ausweichen. es gehört zu unserem menschsein wie die freude und das glück -  und wer wollte letzterem ausweichen oder käme nur für einen moment in versuchung ausweichen zu wollen? ich kenne keinen. mich eingeschlossen.

es ist einfach das glück zu akzeptieren, einfach es als ein verdientes zu sehen, aber es ist schwer das leid zu akzeptieren und noch schwerer ist es, es als ein verdientes zu sehen. verdienen -  welch ein wort in diesem zusammenhang. was verdienen wir denn?

geld, anerkennung, erfolg. das können wir uns verdienen. liebe, freude und glück? können wir das verdienen?

eingebettet in einen überfluss von dingen und möglichkeiten blasen sich das kollektive und das individuelle ich auf und glauben sich als alleiniger schöpfer ihres seins. der irrglaube bricht spätestens dann zusammen, wenn es trifft - das leid.

dann muss das leid ganz schnell wieder vorbei gehn, weil es schwer auszuhalten ist und schon gar nicht akzeptabel.

akzeptieren heißt für für viele kapitulieren, also leisten wir widerstand.

ein unglück, ein leid erschüttert das selbstwertgefühl. schwächeln geht nicht, schwächeln in dieser welt, die den starken gehört, den gewinnern, macht zum looser. also lassen wir das leid nicht zu, lassen wir schwäche nicht zu.

aber das leid lässt nicht locker. es drückt von innen, es drückt, dann, wenn es nicht zugelassen wird, in die erstarrung. wir leisten weiter widerstand. widerstand äussert sich immer in verlustangst. nämlich das zu verlieren, was an fassade und an haben so mühsam aufgebaut wurde über jahre, oder ein leben lang.

leiden geht nicht. es ist ein tabu. weder altes, noch neues leid, das geht einfach nicht. es wird im stillen ausgehalten oder noch besser - ignoriert. es wird verschwiegen, so gut es geht. wir haben namen dafür, wie burnout, trauma oder depression. das sind namen für das leid und dafür gibt es tabletten und wenn nichts mehr geht therapien, damit das alles im griff zu behalten ist, damit es schnell wieder normal ist das leben.

aber normal ist in dieser welt nichts mehr. der großteil der westlichen welt leidet am überfluss und fühlt sich dabei unendlich leer. ihr gegenüber steht der andere teil, der mangel leidet. in der welt des überflusses ist das seelische leid rießengroß. seltsam?

nicht seltsam, denn die leere ist sattheit, als überdruß, der sich einstellt, weil wir von allem zu viel haben. wir haben keinen hunger, wir kennen hunger gar nicht. wir sind wie satte dicke kinder, die immer noch fressen und gefüttert werden wollen, obwohl sie kurz vorm platzen sind. diese unstillbare gier führt zu überfluss und zu ekel.

ekel vor uns selbst und den anderen, die genauso gierig und satt und leer sind. das ist wahrlich leidvoll. es ist genauso leidvoll wie alles andere leid, denn leid ist nicht vergleichbar und nicht gegeneinander abzuwägen. es ist was es ist, für den, der leidet.

wir achten das leid nicht, auch weil wir die achtung vergessen haben, die achtung vor dem schöpfer, dem leben und vor uns selbst und den anderen.

die folge des leidens ist eine flucht ins innere. immer mehr menschen vereinsamen und haben ausser den kontakten auf der arbeit und in der virtuellen welt keine engen sozialen bindungen mehr, oder gar keine. familien bröckeln und zersplittern, dauertüchtige beziehungen sind magelware, kinder spielen mit technischen geräten anstatt mit anderen kindern. auch unsere kinder vereinsamen, auch sie leiden, auch sie spüren die leere. und  sie wollen haben. haben, das neueste, das beste, das was die anderen auch haben oder nicht haben.es ist ein fass ohne boden in welches, was wir oben einfüllen, unten wieder herausrinnt. das ist die moderne welt. auch das. eine welt, in der sich das leiden ausbreitet wie eine schleichende krankheit. wie eine pest, die von innen kommt und das innen und das aussen vergiftet.

das leid wird weggedrückt. das ist gefährlich.

weggedrücktes leid führt zu verirrung in uns selbst, zur verstrickung ins negative, zur totalen selbstentwertung, in die isolation und letzlich zur selbstzerstörung. es führt zu verbitterung und resignation, zur selbstvergiftung und selbstaufgabe, wenn wir ihm mit widerstand begegnen. es verfestigt sich und versteinert das innerste. es führt zum tod im leben. nichts mehr fließt, schon gar eine keine tränen. ein hoher preis für das nicht akzeptieren eines emotionalen zustandes. weg mit dem dunklen, weil das helle sein muss, das glück, das wir verdient haben. es ist eine narzisstische depression, die um sich greift, die den geist verödet, empathie, menschlichkeit und leben vernichtet. weil wir nicht akzeptieren wollen, dass leiden zum menschsein gehört und es nicht zulassen wollen. dabei bedeutet akzeptieren nicht kapitulieren, es bedeutet - das wagnis zu sehen, was unsere wirklichkeit ist - innen und aussen. die akzeptanz des leidens ist die vorraussetzung um es zu wandeln - vom dunkel ins helle,  denn nichts konfrontiert uns so unmittelbar mit uns selbst wie das leid.

wir können dem leid nicht entkommen und wir können ihm ihm nicht ausweichen, aber wir können es als sinnvoll erleben. wenn uns das gelingt, können wir es wandeln. dann  verhärten wir uns nicht mehr in einem ohnmächtigen protestierenden widerstand, an dem wir selbst und unsere welt zerbrechen.

aber dazu ist diese welt wohl zu satt und zu lebensüberdrüssig.






Montag, 13. August 2012

Signale



ein signal, das wir ins aussen senden hat keine wirksamkeit, wenn wir es im innersten nicht fühlen.

die durchsetzungsfähigkeit unserer worte und unserer nonverbalen botschaften hängt davon ab, ob wir sie fühlen.

es ist das gefühlte hinter den gedanken, worten, botschaften, signalen und handlungen, das die reaktion im aussen bewirkt.

ein beispiel ...
da ist der gedanke: ich will das nicht 
dann fällt das wort:  nein
dahinter ist das gefühl - ich darf eigentlich nicht nein sagen, um die erwartung des anderen nicht zu enttäuschen.
das signal, das wir ins aussen senden ist kein nein.

das jein ist die botschaft, die im aussen wahrgenommen wird, wenn wir das nein nicht verbindlich in uns fühlen. es ist der gefühlte gedanke hinter dem gedanken, der unsere wirklichkeit konstruiert. das macht uns antastbar für übergriffe jeder art.

Sonntag, 12. August 2012

Der Altar des Leids





viele menschen leiden an etwas das irgendwann einmal geschah. etwas, das so schlimm war, dass dieses schlimme verdrängt wurde. aber irgendwann kommt dieses leid wieder hoch. es kriecht nach oben, weil es seine existenz da unten nicht mehr aushält oder weil der mensch seine existenz da unten nicht mehr aushält. es kommt nach oben, entweder bewusst, weil wir es erinnern wollen oder aus dem unbewussten, das sich erinnern muss. und dann erschrecken wir fürchterlich. wir sind fassungslos angesichts des fürchterlichen, das da in uns wohnt. das ist zum fürchten fürchterlich.

dann stehen wir da vor dem fürchterlichen. es macht uns angst. es macht die angst, die da war in uns, die wir immer gespürt haben ohne den grund dieser angst zu kennen, ganz groß. aber auch ein bisschen kleiner, weil wir jetzt sehen, was wir nicht begriffen haben, was aber da war, nur eben nicht greifbar. jetzt ist es greifbar.

alles greifbare kann ich fassen. ich kann es anfassen. 
was ich anfassen kann, kann ich formen und was ich formen kann, kann ich verändern.

ich kann, ich muss nicht. ich kann es mir auch nur anschauen und es hassen das leid, das angst macht, das am leben hindert, das mein leben beherrscht - mein denken, mein fühlen und mein handeln. ich kann es ablehnen und sagen - ich will das nicht, ich will da nicht hinschauen, ich will das so nicht haben. aber das nichtwollen sind dem leid und der angst egal. vollkommen egal. sie bleiben, auch wenn ich das nicht will.

louise bourgeois, eine der größten bildhauerinnen der moderne, verbrachte ihr leben damit mittels ihrer kunst den übergriffigen, despotischen vater zu dekonstruieren um ihn dann zu rekonstruieren. am ende ihres lebens sagte sie: ich kann nicht verzeihen und ich will nicht verzeihen. sie starb ohne sich mit ihrem leid zu versöhnen. ich will so nicht sterben und ich will so nicht leben.

alles mit dem ich mich nicht versöhnt habe, werde ich auf diese weise mitnehmen und ich werde schwer loslassen vom leben, denn - wenn ich etwas nicht loslasse halte ich es fest, beim sterben halte ich am leben fest.  

ein schweres sterben wäre das für mich. ich will das nicht. und ich will auch nicht ein ganzes leben damit verbringen nicht zu verzeihen. ich will leben, ohne den überhang meiner leidvollen erfahrungen, die mein sein derart bestimmen, dass sie mich an neuen schönen und guten erfahrungen hindern. denn genau das geschieht, wenn ein mensch dem alten leid das recht einräumt zu bleiben.

wenn ich es bleiben lasse baue ich ihm einen altar, so wie es louise bourgois mit ihrer kunst getan hat. ein altar, der so mächtig ist, dass das mein leid erhöht.

wenn ich mir das als bild vorstelle, mich, die unter diesem altar lebt, dann wird mir gruselig zumute. das ist ein bedrückendes bild, genauso bedrückend wie das alte leid und die alte angst, weil das leid und die angst über mir sitzen - groß und mächtig. größer und mächtiger als ich selbst. und dann fühle mich ohnmächtig, so ohmächtig wie einst, als das leid in mein leben trat. ich fühle mich als opfer. auch wenn wir ein opfer waren können wir sagen: ich war ein opfer, aber auch wenn ich es war, ich muss kein opfer bleiben, weil ich mich entscheide es nicht zu bleiben. ich entscheide mich anders als louise bourgeoise - ich will mich versöhnen mit dem, was war.

damit muss ich nicht gut heißen, was war. ich heiße es auch nicht gut. aber ich erlaube mir, mich, nachdem ich es verarbeitet habe, auszusöhnen mit dem, was einmal geschehen ist in meinem leben. und das ist möglich, indem ich es anschaue und alle gefühle zulasse, die da sind uns sie annehme und dann erkenne: es ist alt, es ist vergangenheit, unveränderbar, es liegt nicht in meiner macht, sie im jetzt zu verändern, aber ich kann mein jetzt verändern, indem ich meine biografie anders bewerte und versuche das alte nicht meine gegenwart beherrschen zu lassen. das ist ein langer weg, oh ja, aber das motiv dieses weges ist entscheidend: ich kann weiter klagen und anklagen und damit meine lebensenergie verbrauchen oder ich kann rauern über das was war, ich kann wütend sein über das, was war, aber dann irgendwan ist es zeit zu akzeptieren: es war ein teil meines lebens und jetzt beginne ich den anderen teil meines lebens mit besserem zu füllen.

wenn mir das gelingt, gibt es diesen altar in meinen leben nicht mehr. es wird dauern, wichtige existentielle dinge sind immer ein prozesshaftes geschehen und dieser prozess ist ein langsamer.
aber die zeit nehme ich mir, weil es eine sinnvolle zeit ist, eine zeit in der ich das versuche, was louise bourgoise auch tat - ich dekonstruiere und dann rekonstruiere ich, aber mit dem willen etwas positives zu konstruieren um es gegen das leid zu setzen. ich sage damit nicht ja zu meinem verletzern, ich sage damit nicht ja zu ihren taten und meinem leid - ich sage ja zu mir selbst.

ich heiße mein leid nicht gut, aber ich heiße mich selbst gut, mein leben, jetzt und heute. heute schütze ich mich vor denen, die mich verletzen wollen. ich verbanne sie aus meiner gegenwart und lasse sie in der vergangenheit, wo sie hingehören. denn jetzt bin ich mächtig, so mächtig ihm diese macht, diesen überhang in meinem leben, zu nehmen.

es ist möglich.
es ist möglich, weil ich das will.
und das kann ich wollen wollen.

eine zeit lang werden ich mich in einem übergangsraum bewegen, den ich bespiele. ich bespiele ihn, indem ich veränderungen vornehme, in bildern und worten, in handlungen, die anders sein werden, als die alten bilder und handlungen, welche vom altar des leids beherrscht wurden.

wenn wir immer wieder aus der opferrolle heraus von unserem leid erzählen, wird es festgeschrieben. wir tun dann nichts anderes als es wiederholt nacherleben, wir durchleben das immer gleiche im innen und wundern uns, dass sich das außen nicht verändert. so lange wir dem leid einen altar geben, begegnet uns das immer gleiche im aussen, denn das aussen ist der spiegel unseres inneneren. das ständige wiederholen senkt sich ein in die seele, solange bis es sich automatisiert. 

ich entscheide mich dafür kein automat zu sein. auch das entscheide ich. denn ich weiß, ich bin nicht mein leid, ich fähig zu differenzierten emotionen und bildern von mir selbst, ich kann sie mir sogar erschaffen, ich kann mein leben gestalten, auch wenn ich einmal sehr gelitten habe. wir alle sind dazu fähig. diese fähigkeit ist mächtiger als das alte leid. es ist alt und damit ist es auch schwach. ich bin stark. so stark, dass ich neue bilder malen kann, die anders sind. schöne bilder, die die alten überschreiben. langsam, aber sicher.





Samstag, 11. August 2012

langsam



der weg zu gelassenheit ist ein weg der langsamsamkeit.
er bedingt 
das anerkennen und wertschätzen der langsamkeit als stärke.
er benötigt
innenschau
er braucht rückzug um energie zu sammeln.
er bedeutet 
mich vor angriffen und verletzungen zu schützen.
er beinhaltet
mein übergeordnetes ziel 

geborgenheit in mir selbst zu finden.

In Klausur, 5

abgrenzung beinhaltet das recht auf persönliche integrität.
persönliche integrität beeinhaltet das recht auf abgrenzung.
persönliche freiheit beinhaltet das recht auf abgrenzung.

ich bin der festen überzeugung - alle verletzungen basieren auf grenzverletzungen.

Veränderbar



ich glaube nicht, dass menschen in ihrem wesenskern veränderbar sind.
ich glaube aber, dass menschliches verhalten veränderbar ist.
und verändertes verhalten verändert die wirklichkeit des menschen.

Donnerstag, 9. August 2012

In Klausur, 4



Als Demutsgebärde oder Demutsgeste bezeichnet man eine besonders deutlich ausgeprägte Beschwichtigungsgebärde bei sozial lebenden Tierarten die einer Unterwerfung unter einen stärkeren  gleichkommt. Auf diese Weise kann ein im innerartlichen Kampf unterlegenes Tier dem siegreichen Tier seine Niederlage signalisieren. 

Eine solche Geste kann so stark aggressionshemmend wirken, dass der Kampf abgebrochen wird und das unterlegene Tier von andernfalls möglichen, weiteren Verletzungen verschont bleibt.
Quelle: wikipedia

mit anderen worten - wenn ein tier einem anderen gegenüber schwäche zeigt wird diese schwäche geachtet. 

menschen sind grausamer als sozial lebende tiere, sie rammen das messer noch einmal in die wunde des anderen, der sie offen legt.
manche menschen tun das so lange bis sie innerlich genugtuung empfinden, als vermeintlichen ausgleich für die eigene wunde. 

wie dumm der mensch doch ist. wie unbewusst, das tier mit dem bewusstsein doch ist.

der mensch ist des menschen wolf. 
auch das.

Mittwoch, 8. August 2012

ABSCHIED ... für Johannes

ich bin traurig. ein freund ist tot. ein facebook freund. ich kannte ihn nicht wirklich. aber, wen kennt man schon wirklich? ich kenne nicht einmal mich selbst wirklich.

wie wirklich ist der andere? der andere, hier in facebook?
wer ist das, hinter den posts, bildern, gedanken, hinter dem ausdruck seines persönlichen wirkens wirklich?

ich weiß es nicht. ich weiß nicht, wer das ist. und mir ist ein bisschen unheimlich zumute.

von meinen freunden auf facebook kenne ich nicht alle im richtigen leben. sehr vielen bin ich niemals begegnet. ich treffe sie in dieser virtuellen welt, die uns vorgaukelt einander nah zu sein, verbunden zu sein. gefühlt verbunden für momente in der zeit, gefühlt verbunden durch worte und bilder, die über die worte hinaus bilder malen, vom anderen, in unseren köpfen und unseren herzen. auch das.

worte verbinden, sie sind in gedanken gepackte botschaften, befindlichkeiten, sie schaffen, wenn sie uns entsprechen, sympathie, berühren uns. seltsam -  sympathie für andere, die wir allein über das, was sie uns von sich zeigen, in worten und in bildern in facebook, empfinden und entwicklen.

facebook freundschaften, die uns eine illusion von nähe vermitteln. was für eine nähe ist das? ist das nicht eine konstruktion von nähe, fernab unserer wirklichkeit. wie ver rückt ist das? wie unfassbar ist das.

der freund, der gestorben ist, war einer meiner facebookfreunde. ich habe, über die worte und bilder hinaus, mit ihm gesprochen, viele male am telefon. ich habe seine stimme und den klang dieser stimme und den inhalt seiner worte gehört und über die stimme hinaus gespürt, dass da ein mensch spricht, der das, was er tut ernst nimmt, der an das glaubt was er tut, der eine vision hat, eine mission verfolgt.

johannes ist dieser mensch, den ich freund nannte, ein facebook freund. heute, zwei tage nachdem ich von seinem tod erfahren habe, bin ich immer noch erschüttert und traurig, dass johannes nicht mehr da ist und ich kann es nicht fassen, dass er tot ist. sein profil ist da und sein letztes posting. darüber stehen die posts der menschen, die seinen tod betrauern. manche kannten ihn gut, manche nicht. wie viele kannten ihn nicht?

wie traurig das ist. und da ist diese lücke, die johannes hinterlässt, auch in mir.
wie seltsam, wo ich ich ihn doch niemals gesehen habe, wie fassungslos mich das macht, dass dieser mensch so früh gehen musste, den ich nie wirklich erlebt habe.

dieser frühe tod von johannes sagt mir auch - der tod ist allgegenwärtig, jeden tag, in jedem moment. im richtigen leben und in facebook. er ist da wie das leben - allgegenwärtig und wir haben keinen einfluss darauf, wann er uns holt. auch das denke ich in meiner fassungslosigkeit und traurigkeit über den tod von johannes, der leben wollte, der sein leben einem sinn verschrieben hatte - ein sinnvolles leben.

johannes lebt nicht mehr, ein mensch, den ich nicht wirklich kannte. aber es spielt keine rolle ob ich ihn wirklich kannte - ich spüre den verlust und ich wünsche mir, er hätte weiter leben dürfen. ich wünsche mir, er wäre noch da, seine gedanken und bilder und die worte, die ihn mir nah machten in einer virtuellen welt. in einer welt von illusion, die wo beginnt und wo endet?

wir brauchen illusionen und wir brauchen visionen. sie sind balsam für unsere seele in einer welt, in der die wirklichkeit die seele krank macht.

johannes tod ist wirklich. sein tod erinnert mich an meine eigene sterblichkeit und an die der menschen, die ich liebe. ich fühle wie schwer es ist das zu akzeptieren, wo sie doch da ist -  jeden moment des lebens.

ich widme diese worte johannes. sie sind mein abschied.
möge sein tod einen sinn haben, wie sein leben. 



Sonntag, 5. August 2012

DAS BÖSE IST IMMER UND ÜBERALL




wer immer das gute anstrebt, wer nur die hellen seiten sehen will, beschwört die mächte des bösen erst herauf. 

ich lese diesen satz beim morgenkaffee in einem aufsatz im philosophemagazin.
wie wahr, denke ich beim darüber nachdenken.

ich denke weiter nach über das böse da draussen. 

es ist da, jeden einzelnen tag, wenn ich rausgehe ist es da, in vielerlei gestalt und ausartungen. wenn ich es sehen will, fühlen will, ist es da.

das böse ist immer und überall. ich weiß das, ich habe das erst gestern wieder erlebt.
und es hat mich böse gemacht, dem bösen zu begegenen, sehr böse hat es mich gemacht. eigentlich war es gar nicht so böse und dann wieder doch. eigentlich. weil eigentlich immer nicht wirklich bedeutet, entschied meine wahrnehmung - es ist böse.

wir gehen am rhein spazieren, richtung winterhafen. viele leute gehen da spazieren am samstagnachmittag. es ist schwül, drückt mich von oben nach unten. ich laufe den von verdorrten rasengrün umsäumten weg entlang. der hund läuft frei herum. in mainz ist anleinpflicht, wir wissen das, aber der hund soll auch ein bisschen freiheit spüren, also ignorieren wir die anleinpflicht. es ist ein kleiner hund, er tut keinem was, er wuselt herum, freut sich an der freiheit laufen zu dürfen, seiner kleinen schnauze lang. freiheit wollen alle, auch ein hund will sie und wir geben sie ihm. geben sie ihm, indem wir gegen ein gesetz wider die freiheit des hundes verstoßen. wir nehmen uns freiheit, wo sie verboten ist.

ist das böse? ja, das ist wohl böse. wir sind ignorant gegenüber den deutschen gesetzen, deren willkür ich schon am eigenen leibe erfahren habe.

gesetze sind dazu da eingehalten zu werden. wer das nicht tut ist böse. so einfach ist das.

aber es kommt nöch böser. der hund kackt auf den grünen rasen. ich merke das nicht, soll es aber gleich merken. ich gucke nicht ständig was er macht, weil ich aufs wasser gucke. dafür gucken andere, ganz genau, was andere wie ich machen. so wie andere immer gucken was andere machen, weil sie nichts anderes zu gucken haben.

innerhalb weniger sekunden bin ich umringt von menschen, eins, zwei, drei, vier menschen nehme ich wahr. ist das ihr köter? schreit mich eine frau an. ihr gesicht erkenne ich nicht, ich bin zu erschrocken, aber ich höre die stimme, dann die stimme eines mannes, ja gucken sie doch, der läuft der doch nach, klar ist das ihr hund, schreit ein anderer mann. ich bin eingekreist von mäulern, die mich am liebsten anspucken möchten, oder gefühlt schlimmeres. ich höre das am klang der stimmen, die weiter kreischen und anklagen. ich fühle mich bedrängt, attackiert, ich will weg, weg hier, denke ich und dann denke ich nichts mehr. ich höre mich sprechen: sie können mich mal am arsch lecken.

einem moment lang ist es still. asoziale kuh, kreischt die frau. das ist ja das letzte, schreit der mann, der hund kackt auf den rasen, das mistvieh. miststück, setzt die frau nach und meint mich und nicht den hund. ich drehe mich um, sehe wie mein begleiter ein ganzes stück hinter mir, mit einem tempotaschentuch, wie er es immer tut, den hundekot aufnimmt und ihn in eine mülltone wirft. die kreischer folgen meinem blick. der mann verschwindet augenblicklich. die frau läuft zeternd an der seite des anderen mannes weiter. mein begleiter kommt auf mich zu.

ich bin entsetzt. ich bin wütend, ich bin fuchsteufelswild, ich bin böse. böse auf das böse in meiner welt, die sich über den minikackhaufen eines kleinen hundes ereifert, böse auf die menschen, die sich nicht über die abgase ihrer autos aufregen, die jeden tag ihre dreckige luft noch dreckiger machen, böse auf die menschen, die via glotze und im richtigen leben wort und tatenlos dabei zusehen, wie tag für tag unendlich großes unrecht und leid in ihrer welt geschehen und ihr maul halten, ob dieses unrechts.

wir leinen den hund an, sagt mein begleiter. es ist eh verboten. die sollte man an die leine nehmen, brülle ich und noch mehr böse worte brülle ich und ich höre gar nicht mehr auf böse worte zu brüllen. und ich weiß, dass ich jetzt böse bin, sehr böse sogar, ich weiß, dass ich all das böse aus mir herausschreie, das in mir ist, das böse, das ich erlebt habe und nicht verkraftet habe, all das böse, das in mir nach rache schreit. und ich weiß, dass das keine lösung ist, gar keine und dass ich zerstörerisch bin jetzt, in diesem moment. ich weiß das alles. aber es hilft mir nichts und es macht in diesem moment  nur einen einzigen sinn: ich lasse es endlich raus, das böse in mir selbst, das jetzt so groß ist, dass meine vernunft nichts dagegen ausrichten kann.

heute, wo ich wieder ruhig bin, schaue ich es an das böse in mir. und ich weiß: das böse ist das fremde in uns selbst. wenn wir uns mit dem bösen auseinandersetzen, müssen wir uns mit dem beschäftigen, was wir in uns selbst hassen. das tue ich ab morgen, mich mit dem fremden und dem bösen in mir auseinanderstzen - ich gehe zurück: in klausur.


Samstag, 4. August 2012

unten ...




unten
in den schatten finden wir was wahr ist in uns und im anderen
unten 
in den schatten lebt das was uns lebt
unten 
in den schatten sitzt all das was uns begleitet
und 
manchmal 
entgleitet es uns

Gedankensplitter 44



lösungen ergeben sich, wenn wir nicht mehr auf dem problem herumdenken.
sie ergeben sich, wenn wir uns dem ergeben, was ist.

In Klausur, 3



leidvolle erinnerung immer wieder abrufen ist ein wiederholen, ist ein wiederholtes durchleben eines längst vergangenen.

das immer wieder abgerufene wird  nacherlebt. es senkt sich ein, verfestigt sich und wird neuronal festgeschrieben.

was wirkt ist eine automatisierung, die sich von differenzierten gefühlen entleert.

das immer wieder gleiche leid, immer wieder gleich gefühlt und bewertet, führt zu immer gleichen reaktionen im jetzt und führt im schlimmsten falle zur ohnmacht des handelns.

das konservieren leidvoller erinnerung ist seelische selbstvergiftung und verhindert selbstentwicklung.

das erinnerte bestimmt das jetzt und verhindert erneuerung.

erneuerung findet statt, wenn wir entseuchen, was uns vergiftet.

der mögliche weg:
das erinnerte aus der beobachtenden position des erwachsen betrachten. es anders bewerten und so die möglichkeit schaffen andere gefühle zu erspüren. den willen haben einen sinn zu suchen suchen im scheinbar sinnlosen.

wer sucht, findet.



Freitag, 3. August 2012

In Klausur, 2

gruppendynamik ist ein seltsames phänomen.

einordnen wird leicht zu unterordnen.
der mensch neigt dazu sich unterzuordnen.
der eigene wille ist leicht zu brechen, wenn der mensch teil einer masse ist, egal wie klein oder groß sie sein mag.

verlust der zugehörigkeit löst diffuse angst aus, macht unsicher und zu vielem bereit.
im worst case verliert sich die moral.

mir sind gruppen suspekt.

Mittwoch, 1. August 2012

In Klausur, Tag 1







erster tag meines rückzugs in einen mikrokosmos.
das wo spielt keine rolle.
entscheidend für mich - eine auszeit vom bisherigen sowie die überprüfung meiner eigenen wahrheit.

die übung - erfahrungshorizont erweitern.
der weg - meine gewohnte realität verlassen, um neues zu finden. 
auch die in mir, die ich noch nicht kenne, die es möglicherweise bereits gibt oder geben wird.

gewahrsein:
die, die ich war, werde ich nicht mehr.
höheres ziel:
gefühlt und nicht nur kognitiv heiler werden. 
wissen: gedachtes nützt nichts, wenn es nicht gelebt wird.
wille: mich mit dem versöhnen, was mich belastet.
ballast abwerfen.

der erste schritt:
achtsam sein mit mir selbst.
achtsam sein mit anderen.
nicht bewerten, soweit möglich.


erfahrung tag 1

das jammern ist eine häufig anzutreffende lebenshaltung.
das suchen von platzhaltern im aussen für verdrängtes eigenes ist eine methode, um nicht dahinter schauen zu müssen.

das bewusstsein richtet sich bei vielen auf das aussen, insofern, als das aussen als verursacher innerer konflikte dient.

gefühl: das ist zum teil wahr und zum anderen nicht wahr.
weiteres gefühl: je tiefer das aussen in mich dringt, desto mehr rücke ich zu mir selbst ohne mich zu verschließen.

sich bestätigendes wissen an diesem tag: 
jedes leid ist so groß wie die schultern, die es tragen. wir haben kein recht über andere ein urteil zu fällen, auch wenn wir als mensch wohl so angelegt sind.