Montag, 27. Februar 2012

solange ...

ich weiß auch nicht, woran das liegt, sagt der junge, alle wissen, dass es so, wie es ist, nicht gut ist, aber alle machen mit. er schaufelt sich eine gabel spaghetti in den mund und schüttelt den kopf. der junge ist elf.

ich frage ihn: was glaubst du denn, warum sie alle mitmachen?

weil sie angst haben.

wovor haben sie denn angst?

sie haben angst anders zu sein.

was ist denn schlimm daran anders zu sein?

na ja, dann gehörst du nicht dazu.
dann bist du ein außenseiter. im schlimmsten fall, dizzen sie dich.

du meinst, du wirst ausgegrenzt, sage ich.

ja, sagt der junge, und das hält keiner aus.

also bleibt alles wie es ist? sage ich.

ja, sagt der junge, solange sie angst haben, bleibt es so.

Donnerstag, 23. Februar 2012

vom selbstbestimmten leben ...

viele menschen leben in einer weise veräußerlicht, dass sie in einer passiven hingabe aufgehen, an das, was sie umgibt. nun könnte man sagen - das ist doch keine passive hingabe, wenn wir die dinge tun, das tun allein ist doch bereits ein agieren und somit aktives tun.

ist es nicht, denn es kommt darauf an, mit welchem bewusstsein wir tun, was wir tun. tun wir es, weil wir es tun müssen, ist das in gewisser weise passiv, weil es ohne die bewusst getroffene entscheidung es auch tun zu wollen, getan wird. aktives tun aber erfordert eine entscheidung, den willen dieser entscheidung zu folgen und sie in selbstbestimmtes handeln umzusetzen, zu dem ich ja sagen kann.

am deutlichsten wird dieses passive sich hingeben am beispiel des umgangs mit den medien, besonders des fernsehens. wir verlieren uns an das bild, anstatt eigene bilder im eigenen kopf zu schaffen und diese in unsere welt zu tragen, damit sie lebendig werden können.

die fernsehbilder simulieren uns welt. sie sagen uns: schau, das ist die welt, sie ist so und so, diese welt steht dir zur verfügung, dieses bild von welt ist die wirklichkeit

die fernsehbilder besetzen unsere eigene urteilsbildung, sie manipulieren uns und untergraben das eigene im fremden. der moderne mensch ist so sehr mit den bildern der wirklichkeit des da draussen beschäftigt, ja geradezu überflutet, dass er das eigene leben nicht nur als teil dieser wirklichkeit wahrnimmt, sondern es längst in sie integriert hat.

das eigene ist geblendet, es ist überblendet, es ist blind für sich selbst, es schwimmt im strom dessen, was man ihm als wirklichkeit vorgaukelt und versinkt im meer der gleichmacherei.

das gefühl der zunehmenden inneren leere im individuum und im kollektiv entsteht durch die überbordende fülle von informationen die von außen wirken.

die folge: das innen und das außen verschmelzen, das innen wird weniger und weniger wahrgenommen, das ich wird zersplittert. es wird zu einer unbekannten größe im großen ganzen. auf diese weise wirkt die manipulation der medien auf den geist des menschen, der das wohl weiß, aber sein bewusstsein dafür verschlossen hat.

wir sind keine bürger mehr, wir sind konsumenten.

das ist tragisch, denn es geht nicht nur auf kosten des einzelnen, es geht auf kosten des ganzen. immer tiefer dringt die materialisierung der welt in immer tiefere schichten des menschlichen ein. wir halten uns zwar für selbstbestimmte individuen, sind es aber nicht. wir sind überindividualisert - ein zweischneidiger begriff. der moderne mensch ist egozentrischer als jemals zuvor, einerseits strebt er nach selbstverwirklichung, andererseits ist er jedoch gleicher, wie er gleicher nicht sein könnte. das führt zu einem spannungskonflikt. dieser spannungskonflikt entzieht sich der bewussten wahrnehmung. das individuum beharrt zwar auf seiner geglaubten autonomie, funktioniert aber dennoch als konsument und wird zum teil eines systems, dass sich selbst auffrisst.

der überindividualiserte mensch ist einsam. eine folge der überindividualisierung. reale beziehungen zu anderen bröckeln und werden durch das soziale netzwerk ersetzt, paarbeziehungen haben keine dauertüchtigkeit mehr, familien werden gegründet, um sich letzlich selbst zu zerstören. der überindividualisierte mensch ist verstört.

der familiäre rückhalt ist im gleichen maße dünn wie der emotionale zusammenhalt, das eis auf dem unsere kinder haltlos gehen, bricht. manche von ihnen versinken in depression, andere verweigern sich dem system, wieder andere werden drogenabhängig oder aus tief empfundener ohnmacht heraus zu aggressoren, die auf alles schlagen um zu zerschlagen, was sie emotional geschlagen hat, die jugendgefängnisse sind überfüllt. die anderen rappen und klagen an, was sie kaputt macht, aber keiner hört sie, dabei sagen sie laut woran es mangelt, in diesem system.

diese gesellschaft ist krank. und alle wissen es und alle beklagen das problem und zu wenige handeln.

handeln ist schwer und wie handeln sollen und können ist die frage.

kein wunder! die übermacht der probleme überflutet parallel mit den bildern der medien das eigene denken und in folge das eigene wollen. die übermacht der probleme, die permament aufmerksamkeit fordern, vermüllt sogar die gehirne kluger menschen. was wirkt ist ein kollektives ohnmachtsgefühl, das schlußendlich zur lähmung führt. der zufriedene konsument ist zwar längst nicht mehr zufrieden, aber er ist unfähig geworden, angesichts der masse von problemen nach lösungen zu suchen. wie auch? wer ständig auf dem problem herumdenkt findet keine lösung! im gegenteil - das problem manifestiert sich durch das maß an aufmerksamkeit, das wir ihm schenken.

das ist was ist.
und alle wissen es und nichts wird anders.
warum?

die innere freiheit ist uns abhanden gekommen, wir funktionieren angeschlagen, aber immer noch gut im sinne des systems. das ist der zweck der übung.

der freie wille ist das zauberwort, dem die modernen hirnforscher die existenz absprechen. und doch, es gibt ihn. es gibt ihn, den willen nach innerer freiheit, der uns dazu befähigt entscheidungen zu treffen und eigene setzungen zu machen. der wille, der uns erlaubt eigene wahrheiten zu erschaffen, eigene wege zu gehen, eigene wirklichkeiten zu kreieren.

der mensch ist schöpfer, aber er hat es vergessen und die wenigen, die es uns vormachen werden bewundert, für das von uns vergessene, anstatt, dass sie uns daran erinnern, es ihnen nach zu tun.
jammern und beklagen ist eben einfacher.

es gibt diese menschen, die sich ihrer inneren freiheit bewusst sind und den willen haben sie zu verwirklichen und es auch tun. und das sind nicht die, die mit dem honiglöffel auf die welt kamen, es sind menschen, die sich einer sache verschreiben, die sich einsetzen und nicht auf die probleme stieren wie das geblendete kaninchen ins scheinwerferlicht, sondern kämpfen, für das, woran sie glauben, auch wenn der preis hoch ist. es gibt sie, die rückgrat haben und ja sagen, zu sich selbst und den möglichkeiten, die in ihren potentialen liegen und sie nutzen.

von ihnen allerdings nehmen wir in den medien zu wenige wahr, dafür umso mehr von den anderen. dafür sorgen allseits beliebte formate wie das paradebeispiel "natürlich blond". hier wird der einfältigkeit ein hohes lied gesungen. ich bin fassungslos und wende mich schnell wieder anderem zu.


dem philosophen etienne de la boitié zum beispiel, der in seinem werk mit dem titel: "von der freiwilligen knechtschaft des menschen" folgendes bemerkte: "wir werden nicht nur mit der freiheit, sondern mit dem trieb sie zu verteidigen geboren."

ja, ist der mensch entartet? möchte man sich da fragen und: was für ein unglück hat den menschen so unnatürlich machen können, dass er, der zur freiheit geboren ist, die erinnerung an sein ureigenes wesen vergessen hat?

es ist das banale, das geschmacklose, das geistlose, das ungute, die gier, was uns von den medien infiltriert wird. es ist die gewohnheit, die faulheit, die ergebenheit in das scheinbar unveränderbare, die mutlosigkeit in der wir wabern und es ist die angst, die geschürt wird und feigheit gebiert. der wille wird lahm gelegt und mit dem erlahmten willen gehen der mut und die tapferkeit verloren.

wissen wir doch schon lang! ja, wissen wir!

und da steckt der teufel drin, denn was lange bewusst ist, wird schal und unlebendig, wie der alte graue könig am anfang des märchens, dem das wasser des lebens fehlt, wie c.g. jung einmal schrieb.


der impuls, der neues leben bringt, befindet sich im universum nebenan, in der unbekannten welt. deswegen müssen helden im märchen ins unbekannte, ins neuland gehen, mit aller angst, die das mit sich bringt. das setzt eine entscheidung vorraus, den willen zum aufbruch, das sich trennen wollen vom alten überholten und die neugierde auf das (geistige) neuland.
das setzt die fähigkeit vorraus eigenständig und zielgerichtet zu denken und zu handeln, wahrzunehmen was ist und abstraktionen zu bilden. schöpferisches denken setzt es vorraus und den willen zu erschaffen. das sind kräfte, die für durchsetzung stehen, für initiative, für neubeginn und veränderung, das ist auch die kraft, der jungen. aber die jungen schweigen und konsumieren wie die alten und die jungen, die schreien, hören wir nicht.

wir hören, was uns zu wissen gegeben wird, wir sehen, was uns zu sehen gegeben wird und alles, was uns das hören und sehen vergehen lassen könnte, weil es uns neu berühren könnte, würgen wir ab.


na dann, leben wir weiter in im trüben sumpf des multimedialen alltags und verpuppen uns vollends in einen kokon. nur, auf diese weise kommt da niemals ein schmetterling heraus. der will nämlich frei sein und fliegen.






Montag, 20. Februar 2012

Gedankensplitter 35



indem wir das böse verurteilen, verurteilen wir einen teil der schöpfung.


es scheint uns so viel böses in der welt, dass wir mit der schöpfung nicht mehr einverstanden sind. durch dieses urteil sondern wir uns vom schöpfer ab.

fehler im system

wir haben die fähigkeit eine idee in die welt zusetzen, denn wir haben den geist und die werkzeuge um zu kreieren und zu erschaffen. wir haben die idee, die planung und die umsetzung in der hand.

aber sobald wir die idee lebendig werden lassen, sie ins leben bringen, sie anderen entgegenbringen, sie mit anderen teilen oder gemeinsam umsetzen, verlieren wir die kontrolle darüber, was mit ihr geschieht.

jede idee, jeder plan entwickeln, sobald wir zu verwirklichen beginnen, ein eigenleben, fernab unserer vorstellungen und erwartungen. das ist die unberechenbarkeit von allem geplanten, der wir uns nicht oft bewusst sind, die sich aber immer ereignet.

das leben ist nicht planbar. es ist das krasse gegenteil eines ausgedachten plans. sei es unser lebensplan oder der plan für eine beziehung. immer kommt es anders als wir denken.

die idee und der schöne plan kollidieren mit der wirklichkeit und ihren gesetzen der bewegung und der veränderung ...

ein fehler im system?

Gedankensplitter 34

er sah sie an mit augen, glänzend vom vielen roten wein.
lass dich treiben, sagte er, lass dich einfach treiben im fluss des lebens.

sie sah ihn an, lächelte: wenn du dich treiben lässt im fluss des lebens bist du opfer. dem fluss des lebens kann man auch in einem boot folgen.
es ist gut dabei ein paddel in der hand zu halten und es zu benutzen wenn der fluss reißend wird, sonst ertrinkst du in den stromschnellen.

Samstag, 18. Februar 2012

SELTSAM

seltsam wie sehr der mensch immer wieder mit steinen nach dem wirft der längst getroffen sind

seltsam das lustvolle sich weiden an den fehleren der anderen

seltsam wie wenig der mensch trotz allen wissens dazu lernt

seltsam wie nachhaltig sich die ignoranz ausbreitet und die hand der dummheit fasst

seltsam wie sehr das böse im anderen gehasst wird wo doch das eigene anschauenswürdig wäre

seltsam wie viele schmutzige hände sich in unschuld waschen

seltsam wie die schwäche des anderen verachtet wird wo doch die eigene schwäche beschämt

seltsam wie schwer es fällt nicht zu verurteilen wo doch keiner veruteilt werden will

seltsam wie die eigenen schatten im dunkeln hausen während die schatten des fremden ins licht gerückt werden

seltsam wie wenig gelernt wurde aus den großen fehlern der vergangenheit

seltsam mit welcher energie der dreck vor den türen der anderen gekehrt wird bevor der eigene raum gesäubert ist

seltsam wie das bewusstsein des eigenen ich in den hintergrund rückt vor lauter schauen auf das du

seltsam wie wenig die einsicht erreicht wo doch alle sich menschlichkeit wünschen

seltsam all das zu sehen und nicht daran zu verzweifeln ...

Freitag, 17. Februar 2012

HELAU

es ist fastnacht in mainz und sonstwo auch. zeit sich auszutoben.
endlich.
es tobt der bär. austoben mit fünftejahreszeiterlaubnis.
da darf mann sein was er sonst nicht sein darf. frau darf es auch.

närrisches treibt narren auf strassen.
dreifach donnerndes helau ins februargrau getönt.
das leben findet für tage woanders statt.
strassen, voll mit buntigem volk. buntig mögen es die mainzer.

hochsaison für farbenfrohes. maskenmummenschanz verbirgt gesichter.
befreit verstecktes.

lasst uns den winter austreiben und was uns umtreibt zu.

hier darf mensch sein, was er sein will und nicht sein kann, wenn nicht fastnacht ist. ufftatatufftata heuer is die fastnacht da.
mensch auch, voll da, feiern bis der arzt kommt, wenns treiben übertrieben ist.


triebiges umtreiben der triebe, die schlafen, sonst, sonstwo.
helau, helau und "am rosenmontag bin ich geboren".
geboren was tot ist auferstanden in kostüm und maske.
bunt, laut, wild und frei.
helau und prost, da geht noch einer.
reinschütten von weingeist mit weck und worscht bis nichts mehr leer ist innen.
geist vernebelt.
fastnacht ist und alles erlaubt.
aschermittwoch ist bald.

tage mit helau und nix mehr grau.
blau.
lautes grölt in der nächtlichen altstadt.
flaschen scheppern, brechen, glas splittert auf nassen pflastersteinen.
schreie zersplittern nachtruhe.
masken fallen. kurzer schlaf mit fremdem.
morgen ist bald und morgen geht es weiter, schön buntig.

helau, nutzet die tage!
hier darf mensch mensch sein und mensch darf sau raus lassen.
hinter masken zeigen sich wahre gesichter.
endlich.

Mittwoch, 15. Februar 2012

LEBE LIEBE LACHE





Lebe, Liebe, Lache ! 

Ist das unsere Wirklichkeit?

Ist sie nicht, bei den meisten Menschen, die ich kenne, einschließlich meiner selbst, ist sie das nicht. Aber wir lesen solche Worte überall und ständig. Und nicken, leise oder laut, wenn wir solche Worte lesen. Ja, es gefällt uns, was wir lesen. Wirklich?

Seltsamerweise sehen die Gesichter der Menschen in den Straßen, den Geschäften, in Kneipen, Bussen, Zügen, U- und S- Bahnen ganz und gar nicht so aus als ob sie leben, lieben, lachen. Nicht mal die Kinder, die morgens in die Schule gehen, sehen so aus und das ist bitter, finde ich. Die sehen ganz anders aus, die Gesichter der Menschen da draußen – sie sehen grau aus. So grau wie die Farbe, die ich nicht sonderlich mag.

Es sieht so aus, als sei das Grau die Wirklichkeit in der wir leben. Diese Mischung aus Schwarz und Weiß, mit ein paar bunten Tupfern, sicherlich, ab und an. Ich will ja nicht schwarzweiß malen.

Aber diese eine graue Wirklichkeit gibt es wirklich. Das ist die Metaebene Wirklichkeit und die spüren wir, auch wenn wir an eine verbindliche Wirklichkeit, seit Watzlawicks Konstruktivismustheorie, nicht mehr glauben wollen. Am Morgen zum Beispiel, wenn wir aufstehen, mehr oder weniger ausgeruht, frühstücken, die Hiobsbotschaften des Tages online lesenden, den Kindern die Schulbrote schmieren, die dann im Müll landen, weil sie sich lieber etwas in der Pause kaufen, wenn wir zur Arbeit fahren oder nicht, weil wir keine mehr haben, da ist sie voll da die Wirklichkeit und da ist es ziemlich egal, ob wir die selbst konstruiert haben oder nicht.

An all diesen Morgen, an denen wir lieber liegen bleiben würden oder lieber etwas anderes tun würden, etwas was uns gut tut, was uns Freude macht, an diesen Morgen, an denen wir lieber entspannt in den Tag leben möchten und schauen, was geschieht und uns dem Fließen der eigenen Sehnsucht überlassen würden, an denen wir leben, lieben, lachen möchten, frei sein möchten und ohne Druck, da verfluchen wir sie die Wirklichkeit, die uns im Griff hat wie das Geld, ohne das nichts geht.

Das jeder seine eigene Wirklichkeit wahrnimmt und konstruiert hat mit dieser Wirklichkeit erst mal nicht viel zu tun. Davon abgesehen - jede Konstruktion von Wirklichkeit landet auch wieder in der Wirklichkeit.

Lebe, liebe, lache! Oh diese Worte, die danach schreien mit Inhalt gefüllt zu werden. Inflationär werden sie benutzt, nutzen sich ab, erstarren unbelebt in schwarzen Lettern auf weißem Grund und die grauen Gesichter der Menschen da draußen, passen eben nicht dazu. Das kann einen schon ziemlich nachdenklich stimmen. Wirklich.

Lebe, liebe, lache!
Was nützt uns das, außer dass es ein sehnsuchtsvolles Ja! oder ein Genau! auslöst, so einen Miniblitz im grauen Wirklichkeitsraum.
Lebe, liebe, lache!
Ach, wie diese Worte an das Glück erinnern, das war oder sein soll und wooooooooooooosch - Sekunden später ist der Miniblitz schon wieder weg.

Was soll das? Erinnern sollen uns solche Aufforderungen an das, was sein könnte und nicht ist.

Lebe, liebe, lache!
Schön wärs, denken wir also und - das mit dem Leben ist ja eh klar, muss uns keiner dazu auffordern, wir atmen doch. Der Rest - na ja, wird schon oder war auch schon und ist ja immer wieder mal und weiter geht’s, nach diesem kurzen Serotoninschüsschen, in und mit der grauen Wirklichkeit, die wir so gern mit dem wahren Leben, dem Lieben und dem Lachen füllen würden, oder noch besser tauschen. Die Erkenntnis: wir müssen was verändern!

Ab und an gelingt das auch mal, das mit dem Leben - beim Shoppen, nach einem Erfolgserlebnis im Job, nach Feierabend beim Bierchen oder dem guten Rotwein, oder wenn Fastnacht ist und die Lebenssau ungeniert rausgelassen werden darf, oder wenn der Sex ausnahmsweise richtig gut war und wir das dann für Liebe halten und wenn wir mal so ganz ausgelassen lachen können, am besten über die Dummheit und das Pech unserer Mitmenschen in Fernsehkanälen, die verboten gehörten, was nie sein wird, denn die Dummheit in dieser Wirklichkeit hat eine verdammt fette Lobby. Ab in den Kanal und wegspülen! Da hätte ich was zu lachen.

Ein glückliches Lachen so von ganz tief innen heraus, ohne über Jemanden zu lachen kommt eher selten vor in der Wirklichkeit, oder hab ich da was nicht mitbekommen von meinem kleinen Leuchttürmchen aus, das ich zugegebenermaßen nicht allzu oft verlasse, unter anderem wegen der Wirklichkeit und den grauen Gesichtern.

Und genau das ist der Punkt, um endlich auf den Punkt zu kommen.
Lebe, Liebe, Lache! Das ist nicht die Wirklichkeit, sondern eine Aufforderung hin zu einer Wirklichkeit, die nicht ist. Denn wäre sie wirklich, müsste uns ja keiner sagen, dass wir leben, lieben, lachen sollen. Logisch oder?

In Wirklichkeit ist dieses Lebe, Liebe, Lache nicht mehr und nicht weniger als ein Teil vom Mahl des Lebens, der süße Teil, der runter fließt wie Honig. Und nicht die Wirklichkeit. Wird uns aber als solche verkauft. Damit wir wissen worum es geht hier unten - ums Süße gefälligst mit Ausrufezeichen!

Mir fehlt das was. Das Bittere, das Scharfe, das Saure. Das gehört nämlich dazu zu einem ausgewogenen Mahl. Mal ehrlich, wer will schon immer süß essen? Da wird einem ja schlecht von und fett macht es auch. Die Wirklichkeit hat alles in sich. Aber wir halten das Lebe, Liebe, Lache! so hoch, weil wir da nicht mehr dran kommen vor lauter grauer Wirklichkeit, weil wir an diesen drei Dingen einen so großen Mangel haben, das wir sie uns immer wieder schriftlich geben müssen.

Und, ändert sich was? Nein!

Es ist einfach nur ungesund was uns da serviert wird. Das hochgeprießene süße Mahl füttert das Mangelgefühl und was wir füttern wird fett. Überfettung ist übrigens die Volkskrankheit Nummer eins in deutschen Landen. Zufall? Das Lebe, Liebe, Lache ist einseitiges und naives Zukunftsforderungsdenken, dass dem Jetzt nicht entspricht, das fühlt sich nicht stimmig an, für mich jedenfalls nicht. Stimmig, auch so ein Modewort der Lebe, Liebe, Lache Erinnerergurus, Supercoaches und Wunschdenkenvermarkter.

By the way, wenn ich mir diese Weltverbesserer anhöre stelle ich fest: bei den Meisten von ihnen ist nichts wirklich stimmig, nicht mal die Stimme ist da stimmig, die kommt nämlich selten warm aus dem Bauch, sondern um Oktaven zu hoch und im Duktus zu schnell (damit sie keiner unterbrechen kann) aus dem Hals, der Nase oder der Stirn gedrückt. Und genau so sieht die Mimik aus. Die Stimme ist das zweite Gesicht eines Menschen.

Lebe, Liebe, Lache mit Ausrufezeichen, heißt – da soll sich was verändern, nämlich das was jetzt ist, also was wirklich ist. Nur, was verändert sich durch Aufforderungen, denen dann wieder Aufforderungen folgen wie: liebe dich selbst, mach dich frei, lass los und verzeih dir selbst und so weiter ... aber wie genau das geht, das weiß keiner wirklich.

Und da liegt des Pudels Kern: Wenn wir all das wollen, wenn wir uns eine Veränderung wünschen, können wir nur dort beginnen wo wir stehen. Beim Saueren im Zweifel. Nur da wo wir stehen können wir anfangen zu versuchen zu leben, zu lachen und zu lieben mit n hinten dran – ohne Ausrufezeichen. Genau da wo wir stehen beginnt die Veränderung und zwar im ersten Schritt indem wir das Jetzt, die Wirklichkeit erst mal akzeptieren und nicht krampfhaft wegdenken. Das kostet nämlich Energie ohne Ende, das Wegdenken. Es ist wie es ist und so ist es und aus dieser Akzeptanz heraus wird man schon etwas gelassener und mit Gelassenheit wird Energie frei für Neues, für Veränderung.

Genau im Hier und Jetzt beginnt die Veränderung und nicht dort wo wir gerne schon wären. Wir sind nämlich in der Wirklichkeit und nicht in der Zukunft!

Oder kennen Sie jemand der uns eine Zeitmaschine ausleiht?

Montag, 13. Februar 2012

ich will

ich will schreien
ich will tanzen
ich will leben
ohne die gedanken die mich umtreiben
ohne die erinnerung an die schatten die mich umfassen
ich will das gestern verlassen
und das heute begrüßen
den morgen erleben wie den ersten in meinem leben und den letzten zugleich

ich will leben
ohne zu wissen was kommt
ohne die angst die da ist
die alte und die neue

ich will schatten boxen anstatt mich zu vergraben
dort wo ich mich versteckt halte um nicht gefunden zu werden
weil ich mich selbst nicht finde
auch das bin ich
und all das andere auch
das andere das sucht

ich will wahrhaftig sein und keine maske mehr aufsetzen um mich zu schützen
weil ich verwundet bin.

LIEBES LEID

was mich wirklich schmerzt? eine menge, wenn ich mir das menschliche anschaue und ich mache genau das, immerzu. ich schaue mir das menschliche an. ich bin unterwegs um verstehen zu wollen, das menschliche in mir und das menschliche im anderen. das ist der weg, den ich gehe, den ich mir ausgesucht habe, der den es mich drängt zu gehen. es ist ein mühsamer weg, ein endloser weg mit vielen fragen und vielen antworten ohne die gewissheit antworten zu bekommen. das habe ich akzeptiert.

eine frage, die ich mir stelle ist, warum menschen, die sich lieben, verletzen müssen.

müssen? sie müssen es wohl, denn sie tun es ständig. einer verletzt den anderen. und der verletzte verletzt wieder den anderen oder irgendeinen anderen, der mit der ursprünglichen verletzung nichts zu tun hat. manchmal, wenn ich das menschliche anschaue, egal ob in mir, meinem privaten oder meinem beruflichen umfeld, könnte ich schreien vor schmerz. herzkrampfschmerz, ein schmerz, der mir das herz zusammenzieht.

ich kann mich schwer abgrenzen, ich versuche es, beruflich gelingt es mir, aber wenn ich ehrlich bin es fällt mir wirklich schwer. und wahr ist wohl - ich will mich nicht abgrenzen, weil es ein verbiegen wäre gegen mein innerstes. ich lasse das menschliche an mich heran und in mich hinein. ich fühle den schmerz des anderen und er legt sich zu meinem eigenen. das ist schwer auszuhalten. ich halte es aus, vielleicht weil es meine bestimmung ist und weil ich aus erfahrung weiß, dass ich viel aushalte.

ich weiß wie sich eine verletzung anfühlt. ich weiß, warum der verletzte innerlich nach vergeltung schreit, warum er weiter verletzen muss, den anderen, der ihm eine verletzung zugefügt hat und wie er sich mit macht selbst verletzt, indem es ihn drängt den schmerz weiterzugeben, weil er so schwer auszuhalten ist. ich weiß auch, dass er sich mit dem weitergeben weiter selbst verletzt. ich weiß es, weil ich es erfahren habe.

ich habe einmal sehr geliebt, ich habe einmal einen menschen zum mittelpunkt meines universums gemacht. das machen viele menschen. die liebeslyrik, die liebeslieder sprechen von nichts anderem. in all diesen worten wird der geliebte mensch erhöht, er wird zum maß aller dinge, er wird zum sauerstoff des eigenen seins, er wird zum lebenselexier.

damit betreiben wir menschen eine fatale überhöhung der auf einen anderen projizierten liebe, die wir in uns selbst nicht finden.

ich habe menschen erlebt, die daran zerbrachen, dass der geliebte mensch sie betrogen oder verlassen hat. ich habe menschen erlebt, die sich grausam gerächt und ein leben zerstört haben, ich habe menschen erlebt, die ihr ganzes weiteres leben in hass und verbitterung verbracht haben, bis sie und alle die mit ihnen lebten, an diesem hass und der bitterkeit zugrunde gingen.

ich selbst war nahe daran zu zerbrechen, weil der geliebte mensch mich verlassen hat und spuren dieses bruchs sind noch heute in mir. darum verstehe ich das leid, das sich einstellt, wenn das liebste uns verlässt. da ist schmerz und da ist wut und da ist verzweiflung und das gefühl als sei ein teil von uns abgerissen und wir selbst eine aufgerissene wundklaffende seelenlose figur, der das weiterleben unmöglich erscheint, ohne den sinn den der geliebte mensch uns gab. mein sinn lag in dieser liebe, sie machte mich aus, sie gab mir die illusion ganz zu sein. das habe ich geglaubt, so lange bis ich es gefühlt habe und am ende habe ich erkennen müssen, dass ich mich mit genau diesen vorstellungen und diesem glauben im gleichen maße erniedrigt habe, wie ich den anderen erhöht habe.

mein kopf wusste die ganze zeit, dass ich mich selbst aufgab, dass ich mich verlor im kosmos des anderen, bis ich mich auflöste und meinen eigenen kosmos vergaß mit der zeit. dann wurde ich verlassen und ich stand da in meinem kosmos, der leer war, weil ich all die fülle, die in ihm lebte hineingeschüttet hatte in den kosmos des anderen. das einzige was mir blieb war all die wut, all den schmerz, all die verzweiflung in diesen, meinen kosmos zu gießen. ich habe ihn vergiftet und damit habe ich mich vergiftet, weil ich dumm war.

ein anderes wort fällt mir nicht ein. ich war dumm, unbedacht und egoistisch in meiner wütenden verzweiflung, die sich gegen den richtete, der mir das angetan hatte. es war eine dunkle zeit, die kam und lange blieb.

was ich nicht begriff war, ich habe nicht dem geschadet, der mich verlassen hat, ich habe mir selbst geschadet. das ist dumm. es ist selbstverachtend und sinnlos noch dazu. denn der andere, dem war das gleichgültig. er hat mein gefühlsgift nicht angenommen. ich habe nicht ihn verletzt, sondern allein mich selbst.

irgendwann fragte ich mich, wie kannst du so vermessen sein, seiner entscheidung dich zu betrügen und zu verlassen mit wut zu begegnen?

jeder mensch hat das recht seine liebe zu verlieren. der geliebte hat das recht mich zu verlassen, aus welchem grund auch immer, und ich habe kein recht, ihn zu verurteilen, auch wenn er mir damit schmerz zufügt. sein gefühl ist nicht mehr da, seine liebe zu mir ist tot. nichts weiter.

wie kann ich einem anderen sagen, was er zu fühlen hat, wenn er es nicht fühlen kann?


geholfen hat es erst mal nichts. die verletzung war so tief, dass der verstand begreifen konnte was er wollte, das herz konnte ihm nicht folgen.

nach diesem DU hast MICH verletzt kam irgendwann ein ICH habe DICH verletzt und ich habe begriffen- it takes two for tango.

als ich bei diesem "ICH habe DICH verletzt" ankam, machte ich weiter und ich fühlte:
ICH verletze MICH. weil ich ein teil des beziehungskonstruktes bin, weil ich ein mensch bin der sein eigenes wollen und erwarten hat, seine eigene sehnsucht, seine eigene zerissenheit, seine eigene fehlbarkeit, seine eigenen befindlichkeiten und inneren dramen, die dem anderen weh tun.

die wahrheit war: auch ich verletzte den, den ich liebte auf irgendeine weise.

die meisten verletzungen, die wir uns in der liebe zufügen sind absichtslos, niemand verletzt den anderen willentlich. er tut es trotzdem. er, du, ich, sie - wir alle verletzen irgendwen, irgendwann. das ist leben - das ist menschlich, weil wir nicht nur gut sind, weil wir auch böse sind, weil wir beides in uns tragen, weil unser ich keine konstante ist, sondern ein sich veränderndes, weil das leben nicht statisch ist - und damit ist es auch das gefühl von liebe nicht. die liebe ist flüchtig. wir können sie nicht halten, wenn sie gehen will und nicht einfordern. das ist die liebe und das andere ist der mensch. wir wissen das und doch handeln wir gegen unser besseres wissen.

ich verletzte mich und das ist die wahrheit. ich verletze mich, weil ich es in mich hinein lasse und aus mir heraus lasse das verletzen. der geliebte ist nicht in der lage mich zu verletzen, wenn ich ihm nicht auf irgendeiner ebene meines innersten die erlaubnis dazu gebe oder einen anlaß.

ich fragte mich, wer verdammt noch mal hat denn jetzt die verantwortung für das ganze liebesleid? ich musste meinen wütenden widerstand überwinden bis ich endlich bereit war zu erkennen: ich trage die verantwortung, weil ich mich entscheiden kann, mich nicht verletzen zu lassen, weil ich entscheiden kann, wie weit einer gehen darf, weil ich mich abgrenzen kann, wenn ich es will. ich allein kann verzeihen - dem anderen und mir selbst. ich kann anfangen meinen eigenen kosmos wieder zu beleben und zu füllen. und das wesentliche: ich kann mir etwas erschaffen, was mich von innen hält und nur mir allein gehört.

als ich hier angekommen war, war da nur noch die traurigeit über den verlust dieser liebe. das war das echte gefühl. das gefühl hinter der gekränkten eitelkeit, hinter der demütigung zurückgestoßen worden zu sein, hinter dem schmerz verletzt worden zu sein.

die traurigkeit spülte das gift der schlechten gefühle, die sich gegen den anderen richteten und sich in mir gesammelt hatten, aus mir heraus in einem meer von tränen. irgendwann war es besser, wenn auch nicht wieder gut und ich fühlte mich nicht mehr als opfer, sondern angekommen in der verantwortung für mich selbst.

Mittwoch, 8. Februar 2012

TRENNEN

die gegensätze sind es die leben ausmachen
die gegensätze sind es die das ganze bilden
in uns
im aussen

wir sind welt
die welt ist in uns

jeder von uns ist ein mikrokosmos der den makrokosmos reflektiert
spiegeln gleich

die gegensätze zeigen uns das ganze
in der welt
in uns
nur durch die gegensätze erkennen wir das ein und das andere
sie bedingen welt und uns


der makrokosmos trennt nicht
der mensch trennt

mit jedem trennen
trennen wir uns von uns
mit jedem abspalten spalten wir uns
mit jedem nein zu einem teil in uns verneinen wir das ganze
und damit uns

was wir abspalten geht ins aussen
und kommt auf uns zurück vom aussen
weil es wieder nach innen will
da hin wo sein platz ist

je mehr wir dem trennen macht geben
desto zerrissener fühlen wir uns

alles ist
alles darf sein

verbinden wir uns
sind wir eins mit uns und der welt

Dienstag, 7. Februar 2012

angelika wende: WAS WÄRE?

angelika wende: WAS WÄRE?: was wäre wenn wir den widerstand aufgeben würden gegen das was ist was wäre wenn wir die verantwortung für das was uns geschieht übernehmen ...

WAS WÄRE?

was wäre wenn wir den widerstand aufgeben würden gegen das was ist
was wäre wenn wir die verantwortung für das was uns geschieht übernehmen würden
was wäre wenn wir den anderen verzeihen würden für das was sie uns angetan haben
was wäre wenn wir aufhören würden uns selbst zu verurteilen für das was wir anderen angetan haben
was wäre wenn wir schuld durch fehlbarkeit ersetzen würden
was wäre wenn wir uns selbst verzeihen würden für die die fehler die wir gemacht haben
was wäre wenn wir uns annehmen würden wie wir sind
was wäre wenn wir die anderen annehmen würden wie sie sind
was wäre wenn wir mit den veränderungen die wir uns wünschen bei uns selbst beginnen würden
was wäre wenn wir aufhören würden die anderen zu beurteilen
was wäre wenn wir aufhören würden uns selbst zu beurteilen
was wäre wenn wir ehrlich wären zu uns selbst und anderen
was wäre wenn wir die kontrolle über alles was wir zu besitzen glauben aufgeben würden
was wäre wenn wir begreifen würden dass uns niemand etwas schuldig ist
was wäre wenn wir anderen die freiheit zugestehen würden die wir uns für uns selbst wünschen
was wäre wenn wir loslassen würden was uns verlassen will anstatt uns daran zu klammern
was wäre wenn wir anfangen würden unsere wahren gefühle zuzulassen
was wäre wenn wir jedes gefühl in uns achten und nicht verdrängen würden
was wäre wenn wir aufhören würden die erwartungen anderer zu erfüllen
was wäre wenn wir die einsamkeit nicht mehr als feindin betrachten würden
was wäre wenn wir der stille raum geben würden
was wäre wenn wir uns selbst nichts mehr vormachen würden
was wäre wenn wir aufhören würden stark sein zu wollen wo wir schwach sind
was wäre wenn wir in den eigenen spiegel schauen würden bevor wir andere spiegel zerschlagen
was wäre wenn wir frieden mit uns selbst schließen würden bevor wir ihn von der welt einfordern
was wäre wenn wir jeden tag begrüßen würden als neubeginn
was wäre wenn wir uns selbst als den wichtigsten menschen in unserem leben begreifen würden
was wäre wenn wir uns selbst die anerkennung geben würden die wir von anderen erwarten
was wäre wenn wir die liebe die wir bei anderen suchen uns selbst schenken würden
was wäre anders?

Montag, 6. Februar 2012

MÜSSEN oder nicht müssen, das ist die Frage!

ich habe mich entschieden wie ich mein siebtes leben leben will.

was ich machen will, neben meiner kunst, neben all dem anderen wunderbaren, was mein leben ausmacht und mich. in wenigen tagen eröffne ich offiziell meine psychologische praxis.

deshalb sitze ich hier, arbeite an meiner websiste und schaue mich im world wide web um, wie die konkurrrenz ihre kompetenzen anbietet. ich lese viele kluge worte auf den internetseiten von psycholgen, von psychologischen beratern und coaches. zwischen all den worten, die ich da lese taucht es auf, in einer häufigkeit, die mir geradezu schmerzhaft ins auge springt: da steht es - oft, sehr oft, wie oft denn noch? das wort: MÜSSEN.

nichts neues eigentlich, denke ich, wirklich nicht, denn auch in büchern lese ich dieses wort, besonders in büchern, die sich mit der psyche und der seele beschäftigen, ganz gleich mit welchem ansatz diese bücher geschrieben sind. bei den meisten steht da ganz oft: MÜSSEN.

MÜSSEN!

ich denke: wie kann einer einem anderen sagen was er muss?
müssen muss.
warum meint er, das sagen zu müssen?
weil einer meint, ich muss.

um was zu erreichen?
erreichen müssen in den augen eines anderen müssens müssen?
und ich frage mich, wer kann mir mein müssen erklären, zeigen, vermitteln, beibringen?

ich denke, wenn ich müssen muss, kann das nichts werden!
mein müssen kann nur aus mir selbst kommen und nur dann, wenn ich es will.

ich selbst muss aber erst mal nichts müssen. im leben meine ich, meinem leben, solange ich lebe. ausser dem, was mein körper muss wie atmen, essen, trinken, ausscheiden, schlafen und sterben.

was mein innerstes angeht, meinen geist, mein herz und meine seele, so habe ich die wahl, es sei denn meine freiheit ist nicht durch äußere grenzen beschränkt, also z. b. wenn ich im knast sitze oder sonstwo eingesperrt bin ohne ausbruchsmöglichkeit, zwischen: ich will oder ich will nicht.

aber auch das ist nicht so einfach, denn der menschliche wille ist nicht frei, auch wenn wir das glauben. hinter jedem wollen steht ein anderes wollen und wieder ein wollen und das geht bis zum unbewussten wollen. aber es ist da - immer, auf allen ebenen - das wollen.

das Müssen nicht. das MÜSSEN kommt meistens von aussen oder von dem, was uns das aussen ins innen getrieben hat im laufe unseres lebens. solange, so massiv, so nachhaltig, dass das eigentliche wollen in uns so verschüttet ist, dass wir es unter all diesen müssen ebenen mühsam hervorgraben könnten, wenn wir wollten. manche wollen das. für die will ich da sein.

für die, die nicht mehr müssen wollen, die wissen, müssen muss ich nicht, schon gar nicht wenn mir ein anderer mein müssen vorgibt mit dem MUSS wort.

ich finde, Muße klingt besser.
da ist kein druck drin, der niederdrückt, sich eindrückt wie dieses MÜSSEN.

auf den websistes, in den büchern, da soll es stecken bleiben das MÜSSEN.
in mir, bei mir wird es dieses wort nicht geben. nicht mehr geben, denn ich habe ihm lange genug gedient dem MUSSwort. ich war auch ein MÜSSER, bis ich begriffen habe, dass nichts muss, dass alles kann, wenn ich will. auch schiefgehen kann, natürlich auch das. und wieder von vorn gehen kann, wenn ich will.

ich weiß, dass ich nichts muss, es sei denn ich will.
wenn ich weiß, was ich wirklich will oder zumindest zu anfang weiß, was ich wirklich nicht mehr will, dann muss ich nicht mehr.
ich weiß, dass keiner muss, wenn er nicht will.
ich weiß, dass sich keiner verändert, wenn er nicht will.

ich weiß, dass jedes müssen eine forderung darstellt.
ich weiß, das jede von außen kommende forderung eine blockade in unserem inneren zur folge hat.
ich weiß, dass jede forderung, die wir erfüllen MÜSSEN zur überforderung führt.
ich weiß, dass überforderung menschen von sich selbst entfernt.
ich weiß, dass diese überforderung müde macht und am ende, wenn wir uns selbst über die maßen gefordert haben, krank machen kann.
und das ist das einzige was in meinem kosmos nicht sein muss.
krankmachendes muss nicht sein, wenn das MÜSSEN ein Können und ein Wollen wird.



was es ist ...


http://www.youtube.com/watch?v=tpgnQNaGAXY

Mittwoch, 1. Februar 2012

LW

zu dritt saßen sie an dem großen esstisch im wohnzimmer. klirrende kälte und abenddunkel hinter eisblumenfenstern draussen, warme heizungsluft drinnen.

auf dem tisch standen teller, rote soßenspuren auf dem weißen porzellan abzeichnend. die müdigkeit der drei breitete sich auf der hölzernen platte des tisches aus wie ein teppich welker herbstblätter, die der wind vergessen hatte fort zu wehen.

es war einer dieser famlienabende an einem ganz normalen wochentag. die drei waren erschöpft von den anforderungen des langen tages. die wenigen worte, die zu sprechen noch nötig waren um den nächsten tag zu planen, krochen schwerfällig aus ausgeredeten mündern.

acht uhr, zu früh um schon schlafen zu gehen, zeit, die zeit zu vertreiben bis die lider in die schwere des schlafes sinken sollten. der mann erhob sich, räumte teller und bestecke vom tisch und ging in die küche um das geschirr zu spülen.

der junge rutschte unruhig auf dem stuhl hin und her. ein zimmer in das er gehen konnte gab es nicht, er war zu besuch beim vater und der frau in der wohnung, in der es nur zwei räume gab. die frau dachte, es wäre besser, der junge hätte ein eigenes zimmer.

sie nahm die unruhe des jungen wahr, fragte sich, was sie tun konnte um den jungen ruhiger zu machen, spürte, dass ihr an diesem aben die kraft fehlte um wie sonst ein gemeinsames spiel zu spielen und trank einen schluck tee. plötzlich sprang der junge mit einem satz auf, hüpfte auf socken zum sofa, holte den laptop des vaters, hüpfte zurück zum esstisch und ließ sich auf den stuhl neben die frau plumpsen. er positionierte den laptop vor sich auf dem tisch, klappte den deckel auf und loggte sich ins internet ein.

schau, ich zeig dir jetzt mal wie das geht mit schülervz, grinste er stolz. das grelle licht des monitors blendete die müden augen der frau. plopp, machte es und wieder plopp und ein drittes mal plopp. die frau schüttelte lächelnd den kopf. macht das immer dieses geräusch, fragte sie den jungen. och, das ploppen kann man auch abstellen, antwortete der junge und stellte es ab.

auf dem monitor waren drei kleine kästchen zu sehen, in denen gleichzeitig buchstaben aufblinkten, dazwischen kleine runde kreise in gelb, rot und grün. jeder kleine runde kreis zeigte eine andere mimik. seltsam, dachte die frau, wie einfach es ist, kleinen runden kreisen ein gefühltes zu geben.

mit flinken fingen berührte der junge die tasten, tippte mit rasender geschwindigkeit abwechselnd worte und kleine bunte kreise in die drei kleinen kästchen.

lw, las die frau. sie fragte den jungen, was das bedeute. langweilig heißt das, antwortete der junge und grinste den monitor an. aha, staunte die frau und wunderte sich, wie leicht es war worte auf zwei buchstaben zu reduzieren, die verstanden wurden von dem jungen.

schau mal, sagte der junge und machte ein neues fenster auf, das ein video zeigte in dem eine verschmitzt blickende bilderbuchoma sich einen pc kaufen will und den verkäufer nervt. der junge kreischte vor vergnügen, ist die nicht goldig? die frau lachte mit dem jungen über die goldige oma mit dem verschmitzten gesichtsausdruck, die den verkäufer mit endlosen fragen nervte.

aus der küche kam die genervte stimme des vaters, geht das auch leiser? der junge verstummte. sekunden später stieß er erneut ein schrilles lachen aus. die frau dachte, der junge ist überdreht, er hatte zu wenig bewegung, er hat sich nicht austoben können am tag.

der junge schloß das fenster und wandte sich wieder den kästchen zu. mittlerweile waren es vier. vier kästchen mit wortfragmenten und bunten kreisen angefüllt, die hin und her tanzten wie flöhe. flöhe im hintern, dachte die frau, kleine flöhe, eingefangen, dressiert und eingesperrt im internetzirkus.

du, sag mal, die frau berührte den jungen sachte an der schulter um seine aufmerksamkeit zu gewinnen, wie kannst du dich denn so schnell gleichzeitig mit vier freunden unterhalten? och, das ist doch ganz einfach, lachte der junge in den monitor. aber du kriegst doch da nicht wirklich was mit, sagte die frau. is auch nicht wichtig, sagte der junge, is eh alles lw.

lw, langweilig, dachte die frau und an an ihre kindheit, als es noch keine kleinen kästchen gab, die aufploppten und in die man ein lw schrieb, das nicht wichtig war, und dass es ihr nie langweilig gewesen war.