Donnerstag, 30. Juni 2011

Neuer Versuch ...

Ich habe mein Leben seit ich denken kann als eine Entwicklung angesehen, die von der Geburt bis zum Tod einen Sinn macht. In meiner Sicht von Welt gibt es keine Zufälle, alles was uns begegnet hat einen Sinn, einen Zweck. Was uns widerfährt sind Aufgaben, die das Ziel haben, uns zu dem zu machen was wir sind, uns zu dem zu machen was unserem Wesenskern entspricht.

Jeder Mensch hat eine Aufgabe, seine ureigene Aufgabe in der Welt und ich glaube, dass jeder Mensch vom Universum geleitet und geführt wird, hin zu seiner Bestimmung. Das Schicksal ist eine Kraft die dann korrigierend eingreift wenn wir den falschen Weg einschlagen und die Zeichen nicht sehen.


Das Schwierige an den Zeichen ist, dass wir sie oft nicht richtig zu deuten wissen. Wir interpretieren, so wie wir sie zu verstehen glauben oder verstehen wollen. Geprägt von den Erfahrungen, die wir machen, unterscheidet sich die Wahrnehmung der Menschen individuell stark voneinander. Die Sicht der Dinge ist immer abhängig vom Auge des Betrachters und was sein Auge sieht und ins Innere aufnimmt wird immer bestimmt von dem wie er Welt begreift. Deshalb ist es so schwer die Zeichen zu deuten und zu verstehen.


Heute Morgen, nach einer schlaflosen Nacht, nahm ich ein Buch von Paolo Coelho aus dem Regal und schlug es an irgendeiner Stelle auf. Genau die Stelle wo es um die Zeichen geht. Ich las: „Zuerst glauben wir an nichts, oder wenig, dann zweifeln wir, denken wir hätten uns geirrt, darauf erscheint uns alles ein Zeichen – und erst viel später, wenn dir ein Zeichen auf deinem Weg mehrfach begegnet, ohne dass du es gesucht hättest, begreifst du, dass du es mit einer Sprache zu tun hast, die jenseits der Realität liegt. Das Zeichen ist eine Sprache. Es ist ein Alphabet, das du perfektionierst, um mit der Weltenseele zu sprechen, mit Gott. Es ist individuell und du lernst es indem du dich irrst.“


Ich habe mich oft geirrt und darum habe ich oft die gleichen Fehler gemacht. Ich habe sie gemacht, weil ich es nicht besser wusste und nicht besser konnte. Den größten Fehler, den ich gemacht habe, habe ich immer weiter gemacht, ich habe mich selbst nicht gut behandelt und dieser Fehler zieht viele andere nach sich.


Ich weiß aber, indem man sich den wesentlichen Fehler anschaut, das was man immer tut und was einem nicht gut tut, begreift man mit der Zeit, dass all die Wiederholungen von Erfahrungen die uns in immer neuer Gestalt begegnen Zeichen sind, die uns auf unseren wesentlichen Fehler aufmerksam machen wollen. Es ist ein langer Prozess, bis man wird sich bewusst wird, wo der Urgrund der Dinge liegt, der wie eine Quelle all das sprudeln lässt, was zu allem was wir erfahren haben geführt hat und immer wieder hin führt zu dem was wir erfahren.


Die Quelle meines Fehlers ist, dass es mir nicht gelingt mich genug zu lieben. Weil mir das nicht gelingt, habe ich mich selbst oft schlecht behandelt und sogar in Momenten des größten Glücks und der intensivsten Freude war und ist da dieser Teil in mir, der mir zuflüstert: das hast du nicht verdient. Das Glück und die Freude verwandelten sich in Angst das Schöne und Gute wieder zu verlieren. Und ich habe es verloren. Es wurde mir nicht genommen, ich habe es mir selbst genommen.


Ich habe mir Dinge gesucht, sie mir sogar erschaffen, ich habe mir Ziele gesetzt und sie sogar verfolgt, und als ich sie vor Augen hatte, sie ganz nah an der Erfüllung waren, habe ich sie zerstört, unbewusst aus einem inneren Drang heraus. Sie hat gesiegt, die Andere in mir, die mich den großen Fehler machen lässt.


Menschen bauen auf und zerstören. Es ist ein Trieb, so sind wir angelegt. Aber manchmal zerstören wir unbewusst das Gute. Aber wir sind auch so angelegt, dass wir uns das Unbewusste bis zu einem gewissen Grad bewusst machen können. Wir haben einen Verstand und wir besitzen die Fähigkeit zu entscheiden. Das bedeutet wir haben die Wahl. Unabhängig vom großen Plan, haben wir in unserem Leben die Möglichkeit zu wählen, auch wenn sich am Plan vielleicht dadurch nichts ändert. Das Entscheidende ist der Versuch, der Wille zu kämpfen und sich nicht wehrlos einem Schicksal unterzuordnen, von dem wir glauben so ist es für uns bestimmt.


Vielleicht ist es ja gerade der Plan, dass wir lernen aus all den vermeintlichen schicksalhaften Geschehnissen, dass wir gerade durch sie aufgefordert sind unser Schicksal zu wandeln. Ein Mensch bei dem alles glatt läuft, dessen Leben kaum Höhen und Tiefen hat, wird sein Schicksal nicht wandeln wollen. Er lebt, wahrscheinlich ohne viel darüber nachzudenken, im Einverständnis mit dem Plan, den das Universum für ihn bestimmt hat. Jeder aber, dem das Universum Schweres auferlegt, jeder, den es immer neu Leid erfahren lässt, hat vielleicht genau die Bestimmung dieses Leid zu wandeln. Wenn er es nicht immer wieder versucht, verliert die Weltenseele das Interesse.


Wir haben die Wahl. Ob wir ein Schicksal annehmen und daran zerbrechen oder ob wir das, was uns gegeben ist, anschauen und überlegen was wir daraus machen können. Wenn wir glauben keine Wahl zu haben fühlen wir uns hilflos und ausgeliefert. Was können wir tun um in den Zustand zu gelangen, die Möglichkeit der Wahl zu haben, frage ich mich. Es hilft sich die Umstände anzuschauen, die zum Scheitern geführt haben. Befasst man sich damit, wird man feststellen, dass ähnliche, sich wiederholende Handlungsweisen und Verhaltensmuster zu diesem Zustand führten. Und es hilft sich zu fragen: Welche Haltung, welche Gedanken, welche Gefühle führten zu Handlungen, die zu unglücklichen, destruktiven, scheinbar aussichtslosen Situationen in unserem Leben geführt haben? Wo liegt ihre Gemeinsamkeit?


Durch meine eigenen Erfahrungen und die Erfahrungen mit anderen Menschen, deren Leben auch nicht fehlerlos verläuft, habe ich begriffen, dass vieles was wir tun aus der Verstrickung von Beziehungen entsteht.


Die Beziehungen zu anderen und vor allem die Beziehung, die wir zu uns selbst haben, sind wesentlich für das, was uns im Leben begegnet. Ich denke, um die Beziehung zu anderen zu verstehen, um gute Beziehungen mit anderen zu leben, ist es wichtig zuerst die Beziehung, die wir zu uns selbst haben zu klären, denn sonst scheitern unsere Beziehungen zu anderen auf immer ähnliche Weise und immer wieder. Die Beziehung zum Selbst klären und sie zum Guten wenden ist vielleicht eine lebenslange Aufgabe, sicher aber ist es ein immer neuer Versuch zu verstehen. Und da stehen wir wieder an diesem Morgen - ich und die Andere in mir - bei einem neuen Versuch.

Dienstag, 28. Juni 2011

Schönheit ist vergänglich

Was wir allgemein als schön empfinden, ist die erfahrene Resonanz uralter positiver Aspekte, die wir über Generationen im kollektiven Unbewussten verinnerlicht haben. Schönheit, als genormter Begriff, ist von Kultur, Regionen und Epochen abhängig. Schönheit unterliegt zu allen Zeiten und in allen Kulturen einem Trend, wie die Mode. War es z.B. früher blasse weiße Haut, die als schön empfunden wurde, so ist es heute gebräunte Haut, die uns attraktiv erscheint.


Schönheit ist also rein subjektives Empfinden?

Dem gegenüber stehen die heutigen Forschungsergebnisse, die beweisen, dass Schönheitsideale selbst bei starken Unterschieden Gemeinsamkeiten aufweisen, wie z.b. die Symmetrie eines Gesichts, um nur eine messbare Größe zu nennen, oder der Goldene Schnitt in der Kunst. Schönheit hat immer mit Harmonie zu tun.

Und doch, ganz gleich, wie man es dreht und wendet: Schönheit liegt im "Auge des Betrachters". Sie kann zwar in Teilen bewertet werden, allgemein und für die gesamte Menschheit ist sie nicht messbar und damit also keine verbindliche gemessene allgemeingültige Wahrheit.


„Schönheit ist eine private, subjektive Empfindung des Gefallens oder der Abneigung“, postulierte Immanuel Kant. Und meinte sinngemäß weiter: über das Angenehme lässt sich nicht streiten, denn jeder empfindet etwas anderes als angenehm. Schönheit dagegen sei zwar subjektiven Ursprungs, sie habe jedoch Anspruch auf Allgemeingültigkeit.


Anders als über das Angenehme lässt sich über Schönheit und Geschmack, folgt man Kant, durchaus streiten, da jedes individuelle Geschmacksurteil sich anmaßt, über die Empfindungen anderer zu urteilen.

Die Grundlage der Kantschen Argumentation bezüglich Schöheit ist die Abgrenzung zwischen dem Guten, dem Angenehmen und dem Schönen. Das Gute ist etwas, an dem wir ein motiviertes Interesse haben, heißt: es macht für uns einen Unterschied, ob etwas Gutes vorhanden ist oder nicht. Und auch am Angenehmen haben wir Interesse, da die Empfindung des Angenehmen begehrenswert ist und der Mensch das Unangenehme ebenso meidet woe den Schmerz. Das Gute, das Schöne und das Angenehme beruhen also auf der subjektiven Empfindung von Wohlgefallen, der Lust im Gegensatz zu Missfallen und Unlust. Das Urteil über das Schöne allerdings ist nach Kant, das einzige, welches das persönliche Interesse an dem Gegenstand nicht berücksichtigt. So definiert er Schönheit als „interesseloses Wohlgefallen“.


Was die Vergänglichkeit von Schönheit angeht, so ist es allgemein so, dass der Mensch das Vergehende, das Verdorrte, das Vertrocknete, das von seiner Lebenskraft Verlassene als wenig schön empfindet. Die Mehrzahl der Menschen beispielsweise wirft vertrocknete Blumen in den Müll. Zum einen weil sie den Verfall visuell, zum anderen auch weil sie ihn olfaktorisch demonstrieren. Verfaulte Blumen stinken schlicht und einfach. Auch alte, faltige oder schlaffe Haut wird von der Mehrzahl der Menschen als unschön, bzw. unästhetisch empfunden. Zarte, glatte Flächen werden lieber berührt als raue.


So hängt das Empfinden der Vergänglichkeit von Schönheit mit vielen Sinnempfindungen zusammen – dem Sehen, dem Riechen und dem Fühlen, ja sogar mit dem Schmecken(ein fauler Apfel schmeckt nicht mehr gut) - im Gegensatz zur Schönheit, zu deren Wahrnehmung und Beurteilung primär ein Sinn bebraucht und benutzt wird: das Sehen.


Erklärt das nun die These: Schönheit ist vergänglich. Das ist Fakt, denn alles vergeht und damit geht eine Veränderung zur Welke einher. Lediglich das Empfinden von Vergänglichkeit an sich ist wieder ein subjektives. Es soll Menschen geben, die Trockenblumen als schön empfinden. Ich für meinen Teil mag sie überhaupt nicht.

Donnerstag, 23. Juni 2011

lernen ...

ich habe alleine gelebt. es war eine entscheidung und nicht ein mangel an möglichkeiten. es ist nicht schwer einen anderen kennen zu lernen. wer sucht findet in den meisten fällen.

ich habe nicht gesucht und wollte nicht finden und ich wollte auch nicht gefunden werden.
es war gut wie es war und notwendig, weil es war. das alleinsein war schwer und oft war es schön. die stille, wo sich nichts in die eigenen gedanken mischt, die freiheit zu sein, ohne teil von etwas zu sein was mich bindet. das gewahrsein, dass alles geschehen kann, weil alles offen ist, eine fülle von möglichkeiten und die alleinherrschaft über entscheidungen.

ich habe gelernt zu wissen was ich will und was ich nicht will. ich habe gelernt was mir wichtig ist und was nicht.

Ich habe gelernt mit mir auszukommen und meine schwächen ebenso zu akzeptieren wie meine stärken. der einzige spiegel in den ich sah war der meine. und darin fand ich mich. wie ich war, wie ich bin und wie ich sein will. alles was ich bin und nicht bin und nie sein werde und alles was ich sein könnte.

ich habe gesucht, was es ist, was mir etwas bedeutet. manches habe ich gefunden und wieder verloren. manches habe ich gefunden und behalten. manches suche ich noch immer.

ich habe gelernt wenn es mir schlecht ging mich auszuhalten, auch in der selbstanklage und dem selbstmitleid.

ich habe gelernt menschen zu lieben auch wenn sie weit entfernt sind und mich nicht mehr brauchen. ich habe gelernt menschen zu lieben, die mich nicht mehr lieben.

ich habe gelernt weiter zu träumen, wenn träume an der realität zerbrechen.

ich habe meine angst ausgehalten, die vor dem leben und die vor dem sterben.

ich habe gelernt weiter zu machen auch wenn es unmöglich schien.

ich bin gefallen und alleine wieder aufgestanden.

ich habe für mich gesorgt auch wenn ich schwach war.

ich kenne die ohnmacht, die wut und die verzweiflung und habe sie ausgehalten.

ich habe gelernt, dass freunde sich in der not zeigen.

ich habe gelernt, dass leben nur dann einen sinn hat, wenn ich ihm einen sinn gebe.

ich habe gelernt, dass jeder dunklen nacht ein heller tag folgt.

ich habe gelernt zu sagen was ich fühle und zu fühlen was ich sage.

ich habe gelernt geduld zu haben auch wenn es schwer ist.

ich habe gelernt, dass liebe etwas ist was man nicht erzwingen kann.

ich habe gelernt, dass es schuld gibt und unschuld.

ich habe gelernt mir selbst zu vertrauen und auf mein herz zu hören.

ich habe gefühlt, dass ich niemals allein war und das mich jemand getragen hat.

ich habe gelernt danke zu sagen für alles was ich habe.

ich habe gelernt, dass ich keine bindung will sondern eine verbindung.

Dienstag, 21. Juni 2011

Stolperfalle " Urheberrecht"

Aus gegebenem Anlass habe ich mich heute früh mit Fragen des Rechts beschäftigt. Ja, wir leben in einem Rechtsstaat mit unendlich vielen Gesetzen, weil die zehn Gebote den Menschen bedauerlicherweise nicht ausreichen um sich anständig zu benehmen, brauchen wir die wohl.

Rechte implizieren u.a. man hat Pflichten, nämlich sich so zu verhalten, dass man diese Rechte nicht verletzt. Verletzt man staatliche fixierte Rechte wird man in die Pflicht genommen, wenn man erwischt wird. Wenn man dann zwecks eigener Verteidigung behauptet: Oh, das habe ich nicht gewusst!, muss man schmerzhaft erfahren: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Die Rechtsfallen in unserem Deutschen Rechtstaat sind größer als wir wissen und die Gefahr hineinzustolpern groß.

Facebook zum Beispiel birgt eine solche Stolperfalle. Das unbeschwerte und beliebige Rumposten von allerlei Bildern, Fotos, Videos von sich selbst gemacht oder kreiert, ist absolut ungefährlich und auch das Hineinstellen eigener Gedanken und Texte nimmt einem keiner übel. Wenn es aber darum geht Fotos, Texte, Beiträge, Links und anderes geistiges oder schöpferisches Eigentum anderer zu benutzen, ist das schlicht und einfach verboten. Dies, so scheint es, wissen aber nicht alle Facebooknutzer und daher kommt es, dass das Soziale Netzwerk mit seinen 400 Millionen Nutzern, prallvoll ist mit "geklauten geistigen Gütern."

Mir persönlich missfällt das schon von jeher und ich ärgere mich bisweilen gar sehr, wenn ich ein privates Foto von mir auf der Pinnwand eines anderen FB Nutzers erblicke, der das da hin gepostet hat ohne mich zu fragen. Das ist weder respektvoll noch anständig und da hilft es mir gar nichts, das er das nur nett gemeint hat. Nett sein fängt da an, wo ich die Grenze des anderen achte und dazu gehört auch diese auszutarieren. Unseren Kindern bringen wir schließlich auch bei, dass sie fragen sollen, bevor sie sich etwas nehmen, oder?

Noch respektloser ist es, wenn Texte geklaut und als eigenes Gedankengut verkündet werden, was auch eine zunehmende Unart ist. Die ganz Schlauen, oder die sich dafür halten, verändern diese gar in Nuancen und heften sie sich die mühelos ergatterte Klugheit als selbst Gedachtes auf ihre Pinnwand. Mit Verlaub, das ist höchst unschön und wenig kreativ noch dazu ist der Kopf doch eigens dafür da sich eigene Gedanken zu machen. Wer keine hat, hat eben auch nichts zu verkünden und das ist dann auch in Ordnung.

Nun, jedenfalls gibt es jetzt zunehmend Rechtsgelehrte, wie Anwälte, die es sich zur gewinnbringenden Aufgabe gemacht haben, gegen solche Verstöße gegen die unlautere und rechtlich nicht korrekte Nutzung des geistigen Gutes anderer, vorzugehen. Wissen aber auch nur wenige.

Wenn so ein geistiger Gut Dieb erwischt wird kann ihn das teuer zu stehen kommen.

In diesem Sinne ist es sinnvoll für das eigene Heil darauf zu achten, Urhebern die ihnen gebührende Achtung zu schenken, indem man ihr Gut nicht durch willkürliches Benutzen für eigene Zwecke verachtet.

Von verletzten Rechten mal abgesehen: Wer mag sich denn schon mit fremdem Lorbeer schmücken?

Freitag, 17. Juni 2011

Kalter Kaffee

zerbrechlich dachte sie am morgen nach einer nacht, die sie nicht allein verbracht hatte wie so viele nächte seit...sie wusste es, wusste, dass man nichts halten konnte, das glück nicht, die zeit nicht und schon gar keinen menschen. es betrübte sie nicht, vielmehr war es ein gefühl von es ist wie es ist.

sie hatte sich abgewöhnt pläne zu machen, weder für sich selbst noch mit einem anderen für ein gemeinsames. gemeinsame pläne waren ein spiel mit wünschen, mit illusionen, die sich meistens doch nicht erfüllten. auch das betrübte sie nicht. das war wie ein versprechen geben und es nicht halten können.

die zeit ist ein dieb, der sich klammheimlich immer mehr nimmt, von dem was ist und es in ein was war verwandelt. wir haben den moment hatte sie gesagt in der nacht, in den armen des mannes liegend, der glücklich war, sagte, dass er glücklich war, jetzt. ein gesagtes wahres, das oft gesagt genauso banal klingt wie es ist.

der moment. am morgen der moment, wenn es dämmert, die feuchte kühle der nacht von einem moment zum anderen von der sonne gelöscht wird. wie löschpapier, dachte sie und wie viele momente andere momente gelöscht hatten und löschen, immerzu.

sie nahm einen schluck vom kaffee, der längst kalt geworden war. sie hatte einen moment zu lange gewartet mit dem trinken, dann war er kalt geworden. kalt wie gefühle, die sie gehabt hatte, immer wieder. erst warm, dann kalt, abgekühlte gefühle.

sie dachte an die gewohnheit, die alles was einmal groß war klein machte, wenn man nicht acht gab. die gewohnheit war gefährlich zusammen mit dem dieb zeit. die gewohnheit und das selbstverständlich geglaubte. wie schnell menschen etwas selbstverständlich glauben, dachte sie und lächelte, weil sie wusste, dass nichts selbstverständlich war. sie fragte sich, ob der mann das auch wusste und trank den kalten kaffee aus.

Mittwoch, 15. Juni 2011

in der mitte

um sieben aufgewacht, mit dem satz im kopf: mitten im leben. was ist das, die mitte des lebens? wann bin ich in der mitte und wann in meiner mitte? zwei völlig verschiedene denkanansätze, denke ich.

in der mitte sein mit fünfzig. aber das ist vielleicht nicht die mitte, sicher ist es nicht die mitte, oder werde ich hundert jahre alt. sicher nicht. will ich auch nicht hundert jahre alt sein, mir zu alt, ist greisentum. ich bin also über der mitte und nicht in der mitte, in meiner mitte. mitten drin in mir bin ich schon immer.

in der mitte sein bedeutet etwas anderes. in der balance sein, gelassen und ruhig. wissen wo ich stehe, auf aufgebautem ruhend.

das gelingt heute nicht mehr. in einer gesellschaft die sich zu schnell bewegt ist ruhe nicht möglich. aufgebautes kann zusammenfallen wie ein kartenhaus. ich lese zeitung am morgen, bei kaffee und zigarette. wer raucht wird sicher nicht hundert jahre alt, will ich auch nicht, also rauche ich weiter. ich rauche gern. darf man nicht laut sagen, ich schreibe es, ist das noch lauter gesagt, das geschriebene?

ich lese in der zeitung: immer mehr selbsständige leben von hartz IV, ich lese: freiberufler sollen gewerbesteuer zahlen. auch das noch, denke ich, jetzt nehmen sie es von denen, die frei sein wollen. freisein geht nicht, nicht wirklich, das zeigen sie uns jetzt wieder mal.

wie soll ich in meiner mitte sein, wenn alles an mir zerrt. ich will meine ruhe haben. vielleicht rauche ich, weil mich das ruhig macht, gern. nein, die ruhe wenn sie ist, ist scheinbar. immer macht mich etwas unruhig. die zukunft ist eine unbekannte größe und die vergangenheit nostalgisches gedusel ohne wert, längst zerronnen wie feiner sand zwischen meinen fingern.

ich will ans meer, denke ich und sehe den sand vor mir, dahinter das meer, blau.

Donnerstag, 9. Juni 2011

Ein anderer Kosmos von Weiblichkeit



In einer Ausstellung sah ich sie, andere Bilder von weiblichen Körpern. Andere als die, die wir zu sehen gewohnt sind in Hochglanzmagazinen, in der Werbung und in Fernsehshows die Superstars und die Superschöne suchen. Die Bilder des Wiesbadener Fotografen Frank Widmann zeigen Frauen in überdimensionaler Fülle. Sie sind nicht nur nackt, sondern vor allem, alles andere als den Körperidealen der Modelwelt entsprechend.
Schauen wir hin, im Versuch nicht zu bewerten. Auf gewisse Weise berührt uns diese Üppigkeit der weiblichen Figur. Verschiedenste Affekte stellen sich ein. Von Abwehr, über Befremden, bis hin zu Neugier und Faszination ist alles möglich. Das herrschende Schönheitsideal sieht nun mal anders aus. Schlank, wohl proportioniert, mit glatter Haut und geschmeidigen Kurven. Das ist Frau in der Moderne, begehrenswert und beneidenswert für jene, die sich in diesem Weiblichkeitsschema nicht wieder finden. Frank Widmann stellt der Ästhetik des weiblichen Körpers, wie wir ihn heutzutage als schön empfinden,  einer bildhaften Herausforderung gegenüber, indem er eine scheinbar nicht politisch korrekte Ästhetik des weiblichen Fettes inszeniert. 

Zu viel Fett? Nicht gesellschaftlich konform?
Nehmen wir die Geschichte zu Hilfe. Sie erinnert uns daran, dass das, was ist, auch anders sein könnte. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte reißt uns aus dem Jetzt und seinem gleichmachenden absolutistischen Anspruch des Schönheitsideals der schlanken Weiblichkeit. Es war nicht immer so. Sie ist elf Zentimeter groß und 25 000 Jahre alt. Eine Frauenstatuette aus Kalkstein, die aus kleinen Kugeln zusammengesetzt ist, mit dickem Bauch, großen schweren Brüsten und einem gewaltig überdimensionalen Hintern. Sie scheint wie die gesichts- und fußlose Inkarnation der Fruchtbarkeit. Sie, das ist die Venus von Willendorf. Noch heute streiten die Forscher über die Symbolik der fetten weiblichen Figur. Die einen sehen in ihr die Stammmutter der matrilinearen Gesellschaft, die anderen wollen in ihr den Archetypus der Großen Mutter erkennen. Genaues weiß die Forschung nicht. Auch das Lexikon der Ethnologie berichtet von der Vorliebe der Hottentotten für die Fettsteißigkeit der Frau. Pornografische Postkarten aus dem 19.Jahrhundert, die unter der Hand den Besitzer wechselten, zeigen die Lust an weiblicher Fülle und zeitgenössische Maler wie Lucian Freud rücken dem prallen Leib auf den Leib. Seine Figuren formieren sich aus dicken Schichten von Farbe, dick wie die Körperwelten des im Bild fest gehaltenen menschlichen Fleisches. 

Dieser andere Kosmos von Weiblichkeit ist so alt und so jung wie die Geschichte. Und doch, stößt das Auge des modernen Menschen darauf, fühlt es pikiert oder gar beleidigt, so als würden hier die Grenzen des Zumutbaren ausgelotet. Der Blick auf die Nacktheit und überwältigende Blöße des Nichtidealen, Überdimensionierten sieht aus unserer heutigen Sicht primär den Makel. Aber, wer ist frei vom Makel, ob fett oder nicht? Spätestes die Vergänglichkeit der eigenen Körperlandschaft relativiert so manches an Anmaßung ob dessen, was schön ist und was nicht.

Frank Widmann geht es nicht darum eine Position einzunehmen, und es ist auch nicht die ihm bisweilen von Betrachtern unterstellte Lust am Fetisch „dicke Frau“, die nicht wenige Anhänger hat, man werfe nur einen Blick ins Internet, ihm geht es vielmehr um das Zeigen einer Position, um das im Foto festgehaltene Abbild von Fülle, die sich ausbreitet, über die Grenzen der Norm von Body Index und idealem Körpergewicht hinaus. Das führt zum Nachdenken.

Wie es sich damit lebt, mit dieser Fülle? Wann? Vor tausenden von Jahren oder heute? Anders sicher, als damals. Der Anbetung von praller Fruchtbarkeit steht heute eine wie auch immer geartete Ablehnung gegenüber, meistens jedenfalls, wenn auch leise und unter vorgehaltener Hand geäußert.

Ungesund, sagt laut die Medizin und katalogisiert die Unterschiede der Fettleibigkeit in pathologischen Erscheinungsformen. Adipositas beispielsweise, eine chronische Gesundheitsstörung, die auf einer polygenetischen Veranlagung beruht und sich durch eine übermäßige Ansammlung von Fettgewebe kennzeichnet. Also kein „Lifestyle-Problem“, sondern eine schwer wiegende Krankheit. Experten schlagen bereits Alarm und fordern einen nationalen Aktionsplan. In keinem anderen europäischen Land gibt es so viele dicke Menschen wie in Deutschland. Dicke leben gefährlich. Zu viel Fülle macht krank, da sind sich die Mediziner einig. Nicht nur körperlich. 

Körperliche Fülle grenzt aus, macht das Leben schwieriger, den Alltag bestimmen nicht selten Hindernisse, bei einem zu kleinen Stuhl angefangen, der nicht „passt“, bis hin zu Hänseleien unsensibler Zeitgenossen.

Viel Fett ist für manche Frauen oft mit Rückzug in die selbstgewählte Isolation verbunden, einem sich Einkapseln in den geschützten Raum des eigenen Raumes, umgeben vom Schutzmantel der Fülle, der schützen soll. Wovor? Was sich in körperlicher Masse ausbreitet gleicht einem Kokon, der das Außen abgrenzen soll von einem verletzten und verletzbaren Inneren. Auch das ist eine Ursache für zu viel Fett. Mit Stolz getragen wird es von den wenigsten Frauen. 

Für die Kunst jedoch besitzt die Fülle eine große Faszination. Die Kunst war schon immer freier, weniger bewertend und urteilend als die Gesellschaft in der sie wirkt. Und die Kunst liebt die Formen. So lautet das Credo des kolumbianischen Malers Fernando Botero: „Lasst dicke Frauen um mich sein.“ Seine voluminösen Frauen aber, seine „Walfischdamen“, die einer farbenprächtigen Inflation weiblicher Fleischberge gleichen, jedoch sind alles andere als gemütlich. Die dicken Damen wecken nicht nur ein Gefühl der räumlichen Bedrängnis, sie sind auch nicht vordergründig erotisch, sondern vielmehr rufen sie Assoziationen an Kraft, Anarchie und Gravität hervor – den Gedanken an Gaia, das große urtypisch Weibliche. In der griechischen Mythologie ist sie die Personifizierung von Mutter Erde, die erste der Götter überhaupt und zugleich das manifestierte weibliche Prinzip, das aus sich selbst heraus das Männliche gebärt. Weht daher also möglicherweise der Wind der Ablehnung gegenüber der fetten Frau, in der Übermacht des Weiblichen, die sich in der Überfülle dominant und deutlich präsentiert? Ist sie eine Projektionsfläche für archetypische Urängste des Patriarchats, der gefühlten Schwäche gegenüber dem Weiblichen?

Bei allen ziemlich wirren Assoziationen und Spekulationen weshalb die dicke Frau Emotionen in die ein oder andere Richtung gleiten lässt die sich irgendwo im Bermudadreieck zwischen Gaia, Venus und Matriarchat ansiedeln, vergessen wir nicht die Rolle die Erotik und die Sinnlichkeit spielen. Weich, üppig, voll und rund. Das sind Begriffe, bei denen sich beim bloßen Aussprechen etwas Wohliges, Warmes, Schützendes einstellt. Auch das ist ein Gedanke, den zu beleuchten sich anbietet. Frank Widmann, in all seiner Ambivalenz seinen fülligen Modellen gegenüber, kann das durchaus nachvollziehen. Es ist ein Teil der Faszination dieser prallen Körper, denen der Fotograf Widmann visuell nachspürt, weil ihm die Worte fehlen, das Phänomen beschreiben, wie er sagt. „Eine große Faszination liegt wohl darin, das Vertraute in der Andersartigkeit zu finden, den anderen Kosmos im Gewohnten wahrzunehmen“, so Widmann.
Wie dem auch sei: Schönheit und Ästhetik sind, auch was weibliche Formen angeht, immer der Mode unterlegen. Ideale entstehen aus der Zeit heraus und relativieren sich mit ihrem Wandel, niemals sind sie ein Absolutum. Was jedoch Fettleibigkeit angeht, so wäre es wohl ignorant diese glorifizieren zu wollen, denn sie hat nach heutigem Wissen gesundheitliche Konsequenzen. Bei aller Ambivalenz gegenüber diesem anderen Kosmos von Weiblichkeit ist das die einzige Wahrheit, die nicht vom Auge des Betrachters abhängt.

© Angelika Wende


Frank Widmann: www.frank-widmann.de